Transkript:
Moritz: Mit Eva Hanel von der Landesstelle Jugendschutz in Niedersachsen wollen wir über die Arbeit der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle kurz USK sprechen.
Ralf: Hallo und herzlich willkommen zu "Was mit Medienerziehung", dem Podcast von smiley e.V., mein Name ist Ralf Willius!
Moritz: Mein Name ist Moritz Becker.
Ralf: Und der Verein smiley e.V. bietet Schulworkshops in ganz Norddeutschland an. Dabei geht es immer um einen sinnvollen Umgang mit Social Media. Darüber hinaus führen wir in ganz Deutschland Elternabende sowie Vorträge für Fachkräfte durch. Da geht es dann um Medienerziehung. In diesem Podcast wollen wir unsere Arbeit beziehungsweise Aspekte, Gedanken aus der pädagogischen Arbeit reflektieren und diskutieren? Heute ist Montag, der 19 Februar, und dieses unsere 37 Folge: Hallo Moritz,
Moritz: Hallo Ralf
Ralf: Wir haben heute einen Gast. Hallo Eva!
Eva Hanel: Hallo, ihr zwei!
Moritz: Mit Eva Hanel von der Landesstelle Jugendschutz in Niedersachsen wollen wir über die Arbeit der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, kurz USK sprechen!
Ralf: Allererstes kommt die Rubrik. Gibt es Rückmeldungen, Moritz?
Moritz: Ich habe viele Rückmeldungen, ich fasse es kurz. Damit wir möglichst schnell mit Eva sprechen können. Zur vorletzten Folge, als wir über das Ritual des Handy-Bettchens gesprochen haben. Also der Gedanke war, dass man in dem Fall hat das ein Kunstlehrer gemacht, n Handybettchen gebaut, wo dann die Schülerinnen und Schüler vorm Unterricht die Handys zum Schlafen abgelegt haben und sich dann auf den Unterricht konzentrieren konnten und einzelne Kinder erzählt haben, dass sie das zu Hause auch haben, habe ich mit einem Lehrer letzte Woche gesprochen, der die Folge gehört hatte und sich die Frage gestellt hat, ob es dann sinnvoll ist, wie die das bisher immer praktizieren, mit den fünften und sechsten Klassen auf Klassenfahrten die Smartphones generell zu Hause zu lassen, oder ob es nicht eigentlich ein total schönes Projekt wäre, die Handys mitzunehmen, um sie dann dort auch im Rahmen der Klassenfahrt quasi exemplarisch vor Gruppenspielen oder vorm Essen in so ein Handy-Bettchen schlafen zu legen. Und das fand ich einen sehr schönen Gedanken, weil es son bisschen gegen diese smartphonefreie Klassenfahrt spricht, die ich nicht immer so richtig zeitgemäß finde, und da habe ich gedacht, dann machen wir auch mal eine Folge drüber. Klassenfahrt, Handy mitnehmen, ja, nein, kannst ja vielleicht mal auf den Zettel aufnehmen.
Ralf: Auf die lange Liste.
Moritz: Dann habe ich noch zwei Rückmeldungen zur letzten Folge. Wir haben exklusiv über TikTok gesprochen, und zwar wurde ich aufmerksam in einem Workshop in einer sechsten Klasse. Da hat eine Schülerin erzählt, dass es ganz wichtig ist, dass man daran denkt, das so einzustellen, dass man nicht von fremden Leuten angeschrieben werden kann, und ich war dann ganz überrascht und hat dann gesagt, wieso. Das ist doch standardmäßig so eingestellt, und sie sagte, nee, man müsste da selber das so einstellen, dass man nicht von Fremden angeschrieben werden kann. Und ich habe dann nachgefragt, wie alt bist du denn? Auf TikTok hat sie gesagt, sie hätte sich halt angemeldet und hat dann sich irgendein Alter ausgedacht, und ich nehme an, dass sie älter als 18 war, weil sie elf ist, und auf die Weise muss sie quasi diese Jugendschutzeinstellung, wie es für die 13 bis 16 Jährigen vorgesehen ist, dass man nicht von Fremden angeschrieben werden kann, selber vornehmen. Und das bedeutet, eigentlich müsste man Kindern sagen, die noch nicht 13 sind, und trotzdem TikTok nutzen, dass man den sagt, lügt nur ein bisschen, aber nicht gleich auf 18. Das habe ich darüber nachgedacht. Es wird wahrscheinlich einige betreffen, die dann einfach beim Anmelden sagen: Ich bin 20, und dann sind die Jugendschutzmechanismen komplett aus. Dass isz so dieser Spagat, wenn dann vielleicht als Eltern hat man das Gefühl, das Kind will das auf jeden Fall nutzen, ist noch nicht 13, und dass man dann sagt, dann lüg beim älter werden nur so, dass es gerade noch so 13 ist,
Ralf: Auf jeden Fall.
Moritz: Ganz kurz eine letzte Rückmeldung, dann noch mit Eltern, mit denen ich gesprochen habe, die sagten, dass sie gruselig finden, den Algorithmus in der for you Ansicht, und hätten das auch in Podcast interessant gefunden, dass man ja im Prinzip durch das eigene gucken beeinflusst, was man als Nächstes zu sehen bekommt. Und da ist dann die Idee entstanden in dem Gespräch, dass es vielleicht für Eltern auch ein wertvoller Hinweis sein kann, zu sagen, dass die Kinder sich nur auf der Seite mit den vernetzten Kontakten befinden und die for you Seite möglichst meiden. Und das habe ich auch gedacht, vielleicht auch so ein Kompromiss für Kinder, die da unbedingt sein wollen und die Eltern ein schlechtes Gefühl haben, dass man sagt, komm, setz dich ins Wohnzimmer, nutzt die Freunde Seite, wo du meinetwegen Leuten folgst, die da die tollen Tutorials hochgeladen haben und so weiter und so weiter, und dass man halt nicht in dieser algorithmusgesteuerten Variante bleibt.
Ralf: Das klingt spannend, auf jeden Fall, oder ist auf jedenfall eine gute Alternative, zu gar nicht nutzen.
Moritz: Und alle anderen Rückmeldungen behalte ich jetzt für mich, weil wir Besuch haben.
Ralf: Genau
Moritz: Eva, ich habe überlegt, seit wann wir uns kennen.
Eva Hanel: Ähm, gute Frage, ich würde sagen, bestimmt mindestens seit 2006!
Moritz: Ich glaube, das war spätestens bei der Eltern-Medien-Trainerausbildung, die ich damals machen durfte, mit der Landesstelle Jugendschutz. Spätestens seitdem kennen wir uns. Du hast damals schon erzählt, dass du für die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. Ich weiß gar nicht, ob du damals schon das Gleiche gemacht hast wie heute. Vielleicht ganz kurz, soweit ich das recherchieren konnte, gibt es seit 1994 die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, und die USK prüft, welche Spiele sind für Kinder und Jugendliche geeignet, bzw. welche sind ungeeignet, und die meisten Eltern, erlebe ich das so, und auch Fachkräfte bringen das alles durcheinander. Da gibt es dann FSK und USK. FSK ist freiwillige Selbstkontrolle, und das ist für Fernsehfilme. Ist das richtig?
Eva Hanel: Ne, das ist für Kinofilme.
Moritz: Für Kinofilme?! Für Fernsehfilme....
Eva Hanel: Ist es die freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen, wenn man die Programme der Privatsender sich anguckt, wenn es öffentlich-rechtliches Fernsehen ist, ist es beispielsweise der ZDF-Fernsehrat. Höchst kompliziert.
Moritz: Okay, und die USK ist dann für. Also irgendwo habe ich gelesen: trägergebundene Unterhaltungsmedien, und das aber überholt, oder?
Eva Hanel: Ja, also die USK...Also, ich bin seit 2003 bei der USK als sogenannte Jugendschutz- Sachverständig tätig. Das heißt, ich darf ein paar mal im Jahr in einem Prüfgremium mitentscheiden, welches Alterskennzeichen welches digitale Spiel bekommt, und seit 2003 sind diese Alterskennzeichen verbindlich. Das heißt, wenn ich ein Spiel im öffentlichen Handel, bei Mediamarkt, Saturn, wo auch immer verkaufen möchte, braucht man ein Alterskennzeichen, und das würde dann entsprechend an der Kasse überprüft. Also hat der Mensch, der das Spiel kaufen will, das entsprechende Alter zu der Freigabe des jeweiligen Spiels.
Moritz: Das klingt jetzt wirklich sehr nach 2003, hast du, hast du einen Überblick, wie viele Spiele tatsächlich noch im Mediamarkt so klassisch als DVD gekauft werden und wie viel tatsächlich dann online über Steam oder sonst wo bezogen wird?
Eva Hanel: Also letztendlich ist es ja so, dass wir ein Spiel haben, was natürlich auf vielen Kanälen ausgespielt wird, also ob nun auf der PS5, ob auf Steam, auf der X-Box oder Nintendo Switch spielt erst mal keine großartige Rolle, sondern die Publisher, also die Hersteller digitaler Spiele, wollen ein Alterskennzeichen haben, um eine gewisse Rechtssicherheit zu bekommen.
Moritz: Ah, okay, also auch wenn ich es dann letztendlich online vertreibe, kann ich dieses... also die Rechtssicherheit habe ich dann über die klassische Prüfung, als würde ich es im Laden verkaufen.
Eva Hanel: Genau, du kannst es ganz normal bei der USK einreichen, und dann wird das entsprechend diskutiert und bewertet und bekommt ein offizielles Alterskennzeichen.
Moritz: Warum heißt das eigentlich Selbstkontrolle? Ich meine, du arbeitest ja nicht für eine Softwarefirma.
Eva Hanel: Nein, ich bin medienpädagogisch quasi in der Landesstelle Jugendschutz verantwortlich für diesen Arbeitsbereich, und man wurde damals, im Jahr 2003 war es so, dass aus jedem Bundesland in Deutschland zwei Jugendschutz Sachverständige regelmäßig zur USK fahren sollten, und in der Regel ist es so, dass das zuständige Sozialministerium dann auf die Institution zukommt und fragt, hätten sie Interesse an dieser Tätigkeit, und dann kann man sagen, ja, kann ich mir gut vorstellen, ich habe eine Tendenz zum digitalen Spielen, ich spiele selber, ich habe Ahnung von Jugendschutz, und dann hat man quasi das Ticket und darf dann ab und zu mal nach Berlin fahren.
Moritz: Aber du bist nicht jetzt als diejenige da beschäftigt, die dann spielt.
Eva Hanel: Nein, das muss ich Gott sei Dank nicht, also es gibt sogenannte Sichterin und Sichter bei der USK. Die bekommen den Auftrag im Vorfeld.
Moritz: Warum? Warum? Gott sei Dank, als ich kann mir vorstellen, wenn ich jetzt in einem Schulworkshop erzähle, ich kenne eine, die arbeitet bei der USK, denken, die alle Traumjob spielt den ganzen Tag Computer.
Eva Hanel: Genau also, der Hintergrund ist halt der, dass natürlich das ganze Spiel durchgespielt werden muss. Wenn man jetzt überlegt, so ein Spiel hat zehn bis zwölf Stunden Spielzeit, sprengt das natürlich einen kompletten Arbeitstag. Also ist es so, dass die Sichterinnen und Sichter oftmals auch mit sogenannten Cheats ausgestattet werden, dass die relativ einfach durch dieses Spiel durchkommen. Die sind aber angehalten, uns Jugendschutz Sachverständigen alle Jugendschutz relevanten Inhalte zu präsentieren.
Moritz: Ah, okay, das heißt, du kennst da nicht das ganze Spiel, sondern es spielt quasi jemand vor dir das Spiel um die... Was wird euch dann gezeigt? Welche Kriterien sind da entscheidend?
Eva Hanel: Naja, also, es ist natürlich die Gewaltdarstellung. Letztendlich ist immer ein großes Thema, mittlerweile aber auch die sogenannten Risiken der persönlichen Integrität. Das hat sich jetzt 2021 in wenig verändert. Also was ist sozusagen um das Spiel herum auch noch Bestandteil des Spiels, wenn man jetzt an die Themen in-Game Käufe beispielsweise denkt oder Chats? Das findet mittlerweile auch eine Berücksichtigung bei der Alterskennzeichnung. Es geht aber auch um sowas wie ängstigende Atmosphäre, Bedrohung, ein großer Handlungsdruck, stressige Spielaufgaben, die einen permanent sozusagen beschäftigen, ohne dass Ruhepausen da sind, wie kinderfreundlich ist das Spiel gestaltet oder wie düster und bedrohlich ist es. Was für Spielaufgaben hab ich? Hab ich es damit nur zu tun, irgendwelche Gegnerfiguren zu eliminieren, oder geht es auch darum, dass ich irgendwelche Städte erbauen muss, irgendwelche Rätsel lösen muss? Das ist halt sehr, sehr vielfältig, je nachdem, welches Spiel man dann sozusagen vor der Nase hat.
Ralf: Und die Sichter, die stellen das vor und ihr könnt dann hinterfragen.
Eva Hanel: Genau. In der Regel fangen die das Spiel ganz normal an, damit man auch eine Idee hat. Okay, wie geht das Intro. Dann wird so ein bisschen bis ins erste zweite Level beispielsweise gespielt, und irgendwann springt man dann zu späteren Spielabschnitten, weil natürlich nur das bewertet werden soll, was für uns dann auch eine Relevanz hat. Also wenn ich jetzt drei Stunden durch ein Computerspiel laufe, um von A nach B zu kommen, hat das für uns natürlich keine Bedeutung im Sinne des Jugendschutzes, das irgendwie zu bewerten, und deswegen gibt es eine Art von Zusammenfassung, und es gibt auch einen sogenannten Sichtertext, wo quasi nochmal alles auch verschriftlicht ist, damit wir auch eine Idee davon bekommen, was ist eigentlich die Spielaufgabe, die Spielgeschichte und welche Momente im Spiel könnten ne Jugendschutzrelevanz haben?
Moritz: Aber demnach gibt es bei der USK Menschen, die wirklich hauptberuflich acht Stunden am Tag Computerspielen.
Eva Hanel: Ja, das sind die sogenannten Sichterinnen und Sichter, in der Regel Studierende, die das im Nebenjob machen.
Ralf: Aber habe ich richtig verstanden? Die müssen dann in Anführungsstrichen auch jeden Stein umdrehen und hinter jede Tür gucken, ob da irgendwelche Bedrohungen oder mysteriöse Dinge lauern.
Eva Hanel: Genau die müssen sich schon richtig gut im Spiel auskennen und müssen auch in der Lage sein, das ganze dann zu verschriftlichen. Also eine gewisse Kompetenz muss bei den Sichterinnen und Sichtern dann schon vorhanden sein.
Moritz: Spätestens da fallen mir einige Schülerinnen und Schüler ein, die dann sagen, okay, da würde ich das doch nicht!
Eva Hanel: Viele sagen ja, wenn man das im Kontext von Schule vorstellt, oh, das will ich auch machen, aber es sind in der Regel Studierende, tatsächlich.
Moritz: Also, ich kenne das noch damals auch aus der Eltern-Medien-Trainerausbildung bei euch. Damals ging es in erster Linie tatsächlich um Gewaltdarstellung. Ich weiß gar nicht mehr, wie das war. Wenn dann irgendwie permanent eine sexualisierte Sprache drin vorkam,
Eva Hanel: Ist immer noch Thema.
Moritz: Und jetzt hast du gerade gesagt, dass In-App-Käufe eine Rolle spielen, und das ist tatsächlich neu.
Eva Hanel: Genau, es gab im Mai 2021 eine Änderung im Jugendschutzgesetz, dass man gesagt hat, man möchte nicht nur den reinen Inhalt bewerten von Filmen und von digitalen Spielen. Bei Filmen kommt es nicht so wirklich vor, aber bei digitalen Spielen eben schon, weil über das Spiel hinaus ja auch einiges möglich ist. Also man denke an die Lootboxen beispielsweise, das heißt, ich finde irgendwelche Kisten im Spiel und weiß nicht, was da drin ist. Es geht um Glücksspielmechanismen. Es geht auch um die Zeit letztendlich, die ich in den Spielen verbringe. Also wie ist das gestaltet das Spiel, dass ich sozusagen immer wieder da reingezogen werde, in Form von Pushnachrichten oder wie auch immer, in Form von Verlusten, wenn ich eben mal mit dem Spiel pausiere? Es geht um in-game-Käufe. Wie sind die gestaltet, also wie viel Geld kann ich da ausgeben, wie perfide oder wie gut ist das vielleicht auch gemacht, je nachdem?
Moritz: Je nach Perspektive. Manchmal ist perfide aus Sicht von anderen das gut gemachte.
Eva Hanel: Genau also, insofern gucken wir auch auf die Kommunikation. Also, wenn Chat beispielsweise mit dem Spiel verknüpft ist, unterhalte ich mich dann mit den Spielenden, mit denen ich sowieso im Spiel zu tun haben, kann es aber auch sein, dass Fremde Kontakt aufnehmen können zu dem Kind oder dem Jugendlichen. All das wird jetzt sozusagen mit angeguckt, und das fasst man unter dem Stichwort Risiken der persönlichen Integrität.
Ralf: Da würde ich ganz gerne ein Beispiel bringen, was ich in ganz vielen Klassen höre: der Fifa Nachfolger.
Eva Hanel: EA FC 24.
Ralf: Also, früher, als Fifa bekannt, war ja immer ab sechs freigegeben und die neue Version tatsächlich ab zwölf, und, wenn ich richtig verstanden habe, genau wegen dieser In-App-Käufe.
Eva Hanel: Genau
Moritz: Also der Spielfluss ist im Prinzip genau gleich, nur dass man jetzt per In-App-Käufe was kaufen kann.
Eva Hanel: Konnte man vorher auch schon.
Ralf: Weil sich die Gesetze geändert haben, war die USK mehr oder weniger verpflichtet, das jetzt auf zwölf zu setzen, was in vielen Kinderzimmern für Tränen gesorgt hat, mitunter.
Eva Hanel: Ja also vor allem dieser ultimate-Teambereich war dafür verantwortlich, weil ich eben über diese Kartenpacks, die ich ja nun mal kaufen kann, mir meine best of Mannschaft möglicherweise zusammenstellen kann, je nachdem, welche Kartenpacks und welche Spielerinnen und Spieler ich da ziehe. Und dementsprechend werde ich natürlich angehalten, Geld auszugeben. Und man sagt jetzt bei der USK, so ist die Spruchpraxis, dass das teilweise so undurchsichtig ist, gerade für Kinder unter zwölf Jahren, dass sie im Grunde genommen dazu verleitet werden, über die Kosten des Spiels hinaus, was ja auch schon relativ hochpreisig ist, auch noch zusätzlich Geld ausgeben zu müssen, um mithalten zu können. Und das war im Grunde genommen der Grund, auf die zwölf zu gehen.
Moritz: Also, um mithalten, also, ich muss einmal das Spiel anschaffen. Da kann man jetzt drüber streiten, ob das teuer ist oder nicht. Aber ich werde quasi, um dann mithalten zu können, mit den anderen mehr oder weniger immer wieder verleitet, Geld nachzufinanzieren, was dann über die Freigabe. Also, ich stelle mir das jetzt gerade vor, als Eltern kaufe ich jetzt das Spiel und sage, okay, viel Geld, aber das können wir uns jetzt leisten. Und dann stelle ich auf einmal immer fest, das war mir vorher gar nicht klar, dass ich jetzt hier noch über welche Summen sprechen wir da weißt, weißt du das, Ralf, was sie erzählen?
Ralf: Also, das sind schon mehr als 10, 20 €, die sie im Monat ausgeben, was ich so höre. Wobei, wenn ich das richtig verstanden habe, kann ich auch eine ganz klassische Kampagne spielen, bei mir zu Hause mit meinen Kumpels, wo ich dann nicht in die Versuchung komme, weil da spiele ich gegen den Computer. Aber relevant wird es, wenn ich online mit Fremden oder Freunden spiele, die dann investieren.
Eva Hanel: Genau
Moritz: Aber was ich, was ich sagen wollte, früher waren Eltern dann überrascht, haben gedacht, so, oh, das war mir gar nicht klar, und durch die Änderung sichert die USK jetzt im Prinzip auch zu, wenn ich ein Spiel ab sechs kaufe, dann passiert mir das nicht, dass ich da irgendwo auf einmal Geld nachschießen muss.
Eva Hanel: Es heißt nicht, dass, glaube ich, in dem Spiel ab sechs Jahren keine in-game-Käufe möglich sind, sondern da ist dann die Frage der Gestaltung des Shops.
Moritz: Ah Okay, wie transparent das ist, und.
Eva Hanel: Genau also, das ist ja manchmal so. Dann hast du oftmals ja in den Spielen auch noch so eine Art Zwischenwährung. Dann musst du irgendwelche blauen Diamanten gegen irgendwelche goldenen Sterne tauschen, und dann weißt du erst irgendwie, wie viel Geld du tatsächlich in Euro bezahlen musst. Und dann ist natürlich auch die spannende Frage, ab welchem Alter wissen Kinder denn, was 1,99€ wert sind oder 49,99€? Das geht ja teilweise auch bis 100 € nach oben oder noch mehr, und das ist letztendlich eine Frage der Transparenz in der Gestaltung dieser Shops.
Ralf: Das höre ich ganz häufig, wenn, wenn wir in Schulklassen über bezahlen sprechen, dass die selber manchmal sehr verwundert sind, weil man kann bei Brawl Stars glaube ich, für einen 1,99€ bis hin zu 99,99€ Sachen kaufen, wo die sich immer fragen, wer zahlt denn sowas? Aber offensichtlich ist schon ein Markt da.
Eva Hanel: Ja also, wenn du dir die Zahlen anguckst, und die kann man ja bei der Seite vom Game, dem Bundesverband, abrufen, sind diese Mikrotransaktionen unter dass das ja offiziell so läuft? Das ist der weitaus größere Teil mittlerweile, was den Umsatz angeht als die reinen Kosten für das Spiel, was man dann anschafft.
Moritz: Das hat sich halt als Geschäftsmodell etabliert. Ob mir das gefällt, weiß ich manchmal nicht. Vor allem, wenn Kinder die Zielgruppe sind, und das ist für Eltern halt schon eine Aufgabe, damit umzugehen.
Eva Hanel: Es ist ja so die Ambivalenz. Im Sinne des Taschengeldparagrafen wollen wir ja, dass Kinder irgendwann in der Lage sind, mit Geld umzugehen, und dann wäre es vielleicht auch okay, so ein In-App-Kauf in Höhe von 1,99€ zu tätigen. Aber natürlich will ich eben nicht, dass 99,99€ vielleicht über den Tisch gehen, und das kann ich ja reglementieren als Elternteil.
Moritz: Ich, ich glaube, ich finde das, was du vorhin gesagt hast, so dieses intransparente, also wie ist der Shop gestaltet? Das finde ich eigentlich ganz wichtig. Dass dieses Heranführen an, dass man auch für virtuelle Gegenstände Geld bezahlt, sollte idealerweise so passieren, dass ich da weiß, was ich da mache, und nicht, dass ich beim ersten Mal gleich über den Tisch gezogen werde.
Eva Hanel: Genau, und manchmal ist es ja auch so, dass die damit so Sonderaktionen auch noch locken. Dieses Angebot gilt nur noch drei Stunden oder irgendwas in der Richtung, und dann fühlt man sich natürlich noch mehr genötigt, vielleicht oder gezwungen, jetzt aktiv zu werden. Weil das ist ja ein einmaliges Angebot, das kommt garantiert nie wieder, und diese Mechanismen dahinter durchschauen Kinder natürlich erst Mal noch nicht.
Ralf: Ich wollte gerade sagen, das ist ja nichts Anderes, als wir im Teleshopping oder so Bereich haben. Da reden wir aber von Erwachsenen, die gelernt haben, sich auch zurückzuhalten.
Moritz: Trotzdem leben die von Erwachsenen, die es nicht gelernt haben. Gibt’s Teleshopping noch?
Ralf: Ich war neulich im Hotel Moritz, und im Hotel guckt man dann auch mal Fernsehen, was man zu Hause vielleicht nicht gucken würde
Moritz: Und hast dich hoch verschuldet?
Ralf: Ne, aber Tode erschrocken, was man da alles kaufen kann
Moritz: Ich bin jetzt bald in Lübeck im Hotel, da, werde ich, glaube ich, die Zeit nutzen und werde da auch mal recherchieren. Ich hoffe, dass die Sender alle programmiert sind.
Ralf: Machen wir ne Folge zu.
Moritz: In der Rubrik "Früher war alles besser." Eva, ich hatte vorhin, als du gesagt hast, dass das Spiel entsprechend ab zwölf ist, wenn man da diese und jene In-App-Käufe hat. Jetzt war FIFA früher ab sechs.
Eva Hanel: Ab null war FIFA früher, war ein Sportsimulationsspiel, wo man keine entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte gesehen hat. Das war früher ab null Jahren freigegeben.
Moritz: Okay, und die Einstufung null, sechs und zwölf für mich jetzt, wenn ich mir überlege, was entwicklungspsychologisch zwischen dem sechs und zwölften Lebensjahr passiert, das ist enorm viel, und dann hat man ja 0, 6, 12, 16, 18. Wie ist das entstanden? Dass man sechsjährige und Elfjährige in einen Topf wirft? Ist das pädagogisch begründbar?
Eva Hanel: Nee, also ja, also man hat das damals entwicklungspsychologisch begründen können. Damals heißt fünfziger Jahre, weil die freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, die FSK gibt es ja seit ich glaube 52, 54, ich weiß es nicht genau, und damals hat das aus entwicklungspsychologischer Sicht Sinn gemacht.
Moritz: Das war wahrscheinlich auch einfach: Kinder hatten überhaupt gar keine Erfahrung mit Filmen.
Eva Hanel: Genau, genau deswegen, und das ist halt historisch gewachsen und leider auch historisch geblieben. Ich hatte gehofft, dass sie vielleicht im Sinne der Gesetzesnovellierung vielleicht die zehn und die 14 einziehen, also 0, 6, 10, 14,18, aber der Gesetzgeber hat das nicht für nötig erachtet, an diesen Alterskohorten irgendwas zu verändern? Leider, muss man sagen.
Moritz: Das heißt, du würdest empfehlen: 0, 6, 10, 14, 18.
Eva Hanel: Genau fände ich mittlerweile irgendwie passiger, weil wir das oftmals auch erleben, wenn wir bei der USK irgendwie sitzen, und wir haben so ein Spiel, wo wir sagen, naja, also für die Zehnjährigen wäre das jetzt auf jeden Fall okay, kannst du es nicht machen, also muss die auf die, auf die zwölf gehen, weil für die Sechsjährigen wäre es definitiv noch nichts, und das ist halt. Dieser Sprung ist halt immens groß, und im Kinobereich hat man sich damit beholfen, dass man sagt, Eltern und auch andere erwachsene Personen ab 18 dürfen auch mit Kindern, die sechs sind, in ein Film ab zwölf gehen.
Ralf: Da gibt es die zwölf plus.
Eva Hanel: Genau das ist diese PG Regelung. Die hieß früher mal PG, weil Parental Guidance, Elternbegleitung. Das hat man jetzt aber auch aufgeweicht und hat gesagt, jeder, der 18 ist und die Erziehungsbeauftragung übernimmt,für diesen Kinobesuch, kann mit Sechsjährigen in nen Film ab zwölf gehen, also diese Kindergeburtstagsnummer oder Oma, Opa, Tante, Onkel, wer auch immer. Aber wir haben es eben nicht im Spielebereich, wobei man ja sagen muss, dass die Eltern sich sowieso über die Altersgrenzen hinwegsetzen können, wenn es sich im privaten Rahmen abspielt.
Moritz: Für mich ist irgendwie ein Unterschied, ob man jetzt einen Kinofilm guckt oder ein Computerspiel spielt, weil nach meinem Gefühl, sind ganz viele moderne Computerspiele eher sowas wie, wie soll man sagen, so wie einen Lebensraum. Also das heißt, du spielst jetzt meinetwegen Minecraft online oder so oder ein ganz großes Thema in unseren Workshops, auch in den sechsten Klassen, ist immer wieder Fortnite, wo man dann sagen muss, das, was da bei Fortnite passiert ist, also ein Gruppenerlebnis, sowas wie, sagen wir mal, digitale Turnhalle, und wenn ich jetzt nicht das entsprechende Alter habe, darf ich die Turnhalle nicht betreten und kann nicht mitspielen. Das ist irgendwie anders als ein Film, wo man sagt: Okay, da kannst du halt morgen mal nicht mitreden, aber wenn du einen Film nicht gesehen hast in zehn Minuten später, redet man über irgendwas anderes. Sondern ich habe wirklich das Gefühl es ist, wie so ein räumlicher Ausschluss, wenn man dann nicht dabei sein darf, wenn alle anderen Fortnite spielen, und Fortnite ist ab zwölf, und wenn es jetzt diese zehn und 14 Regel gäbe, dann könnte man sagen, wenn es ab zehn wäre, dann hast du an den weiterführenden Schulen bei den kleinen kein Problem. Wenn es ab 14 wäre, dann kann man sagen, okay, die sind dann auch ein bisschen älter, aber diese zwölf, die Haut so mitten in die 6 bzw. 7 Klassen rein. Hat man Eltern, denen das dann vielleicht nicht ganz so wichtig erscheint oder die sagen, mein Kind kommt damit klar, andere Eltern, die dann wirklich sagen, nein, ich halte diese zwölf entsprechend ein. Mir ist das wichtig, so dass dann wirklich Freundeskreise sowie aufgespalten werden in die, die die digitale Turnhalle betreten dürfen, andere nicht.
Eva Hanel: Ja, sicherlich, wobei man bei Fortnite immer sagen muss, das war eine knappe Kiste mit der zwölf.
Moritz: Stimmt, es hätte eher eine 16 verdient...
Eva Hanel: Genau, es gab auch viele Stimmen für die 16, insofern sind die Zwölfjährigen schon ganz gut bedient, glaube ich, mit der Freigabe.
Moritz: Ja, vielleicht ist Fortnite tatsächlich kein besonders gutes Beispiel.
Eva Hanel: Ein großes Problem haben wir tatsächlich jetzt mit dem aktuellen FIFA, weil natürlich dann so FIFA-Turniere im Jugendzentrum beispielsweise nicht mehr möglich sind. Bei denen, die unter zwölf sind, und ich meine auch als sechs oder Achtjähriger hast du vielleicht Bock auf so ein FIFA-Turnier, geht jetzt leider nicht mehr, weil USK ab zwölf, und darüber kannst du dich dann leider im Jugendzentrum nicht hinwegsetzen.
Moritz: Aber Eltern schon!
Eva Hanel: Eltern dürfen das, im privaten Rahmen dürfen sie das. Also, ich darf auch als Elternteil meinem sechsjährigen Sohn, wenn ich der Meinung bin, er ist alt genug, n Titel ab 16 zur Verfügung stellen.
Ralf: Mit seinem Kumpel.
Eva Hanel: Nein, mit seinem Kumpel nicht.
Ralf: Okay, das heißt, ich kann meinen Kindern das erlauben, aber wenn andere Kinder da sind, wäre ich rechtlich gesehen dazu verpflichtet, sozusagen.
Eva Hanel: Genau!
Ralf: Und wenn die Eltern es erlauben.
Eva Hanel: Dann ist es ein gemeinsamer Beschluss, der dann natürlich so stattfinden kann, aber eine kluge Idee wird es wahrscheinlich nicht sein.
Moritz: Vielleicht, wenn wir bei über Spiele sprechen, die ab zwölf sind, bei elfjährigen.
Eva Hanel: Wie gesagt, das können Eltern, glaube ich, am besten entscheiden, ob sie das ihrem Kind zutrauen oder nicht, und dann ist das auch in Ordnung. Man darf es, glaube ich, nur nicht zu sehr ausreizen oder die Sprünge nicht zu hoch machen oder wie auch immer, weil ich glaube, es gibt auch sehr sensible Kinder, die man damit definitiv überfordern würde.
Moritz: Ich habe als Vater, das muss ich hier zugeben, mal die FSK-Freigabe von einem Film ignoriert und mit meiner damals elfjährigen Tochter die Tribute von Panem gesehen, und ich glaube, der ist ab zwölf...
Eva Hanel: Würde ich auch sagen.
Moritz: Und ich war total geflasht, dass der ab zwölf ist. Ich habe gedacht, ich hätte gedacht, der ist eher ab 16, als ich ihn gesehen habe, weil ich fand, sowohl die Gewaltdarstellung als auch das ganze Düstere in diesem Film, wo ich die ganze Zeit da gesessen habe und gedacht habe, so meine arme Tochter, und die hat das dann irgendwann gemerkt, und hat dann gesagt: Oh Papa, ich habe das Buch gelesen, die überlebt das, und ich war dann, hab gemerkt: Okay, dadurch, dass meine Tochter dieses Buch gelesen hatte, mit elf zu diesem Film, wo ich mich auch schon mal gefragt habe, ist das so schlau, dass sie dieses Buch gelesen hatte, war die aber relativ entspannt in Situationen, die mich als Erwachsener tatsächlich auch so gefesselt haben, sodass ich für mich dann gesagt habe, dass es schon durchaus Kriterien geben kann, für Eltern, zu sagen, unter diesen Bedingungen kann ich die, diese Alters-, es sind ja gar keine Empfehlungen, es sind ja Freigaben, wenn man so will.
Eva Hanel: Es sind Freigaben, es sind definitiv keine pädagogischen Empfehlungen, sondern hier geht es immer um eine mögliche Entwicklungsbeeinträchtigung.
Ralf: Also ein Ausschlusskriterium im Prinzip. Wenn ich mein Kind ab zwölf ein Spiel ab zwölf spielen lasse, dann wird er nicht schlecht träumen davon, wird keine charakterliche Veränderung oder Angstzustände bekommen.
Eva Hanel: Also zumindest in der Regel nicht. Also es mag natürlich sehr sensible Kinder geben, dann passt das vielleicht immer noch nicht, aber.
Moritz: Aber das heißt, es ist schon letztendlich ja auch klar, dass Eltern unter Umständen dann selber sagen, gut, das Kind ist erst zehn und darf jetzt dieses Spiel ab zwölf dann doch spielen. Und da würde mir jetzt einfallen, so wie ich das jetzt bei dem Film gesagt habe, ich weiß, das Kind hat das Buch gelesen. Das wird jetzt wahrscheinlich weniger geängstigt werden, als wenn das Kind das Buch nicht gelesen hätte. Übertragen auf Computerspiele könnte man zum Beispiel sagen, ich möchte, dass du mir immer Bescheid sagst, wenn da In-App-Käufe auftauchen, und wir rechnen das zusammen durch, ob sich das dann lohnt, und dass man auf die Weise sagt, du bis zwar erst zehn, aber das Spiel als solches, als Sportsimulation finde ich unproblematisch. Gibt’s andere Kriterien, wo du sagen könntest, dass Eltern da vielleicht auch so Punkte finden können, wo man sagt: Okay, unter dieser Perspektive kann ich es dann doch erlauben.
Eva Hanel: Ja, also, ich glaube, das kommt immer ganz aufs individuelle Kind tatsächlich drauf an. Es gibt ja auch mittlerweile das Kriterium des exzessiven Spielens, und auch da haben wir natürlich Mechanismen, dass wir entweder als Elternteil festlegen, wie viel Spielzeit ist okay, wann wird es zu viel, und ich kann natürlich auch auf technischer Seite das einstellen und kann sagen, mein Sohn, meine Tochter hat Kontingent, 30 Minuten, 40 Minuten, Stunde, was auch immer, und dann verabschiedet sich dann halt die Spielekonsole und sagt, dein Kontingent ist aufgebraucht, und das war es jetzt, was manchmal gerade bei digitalen Spielen natürlich nicht so eine kluge Entscheidung ist, weil wenn man sich vorstellt, man ist kurz vorm nächsten Speicherpunkt und schade, die 60 Minuten sind jetzt um, ist es natürlich recht bitter als Erlebnis. Aber ich glaube, da kann man auch im Gespräch zwischen Eltern und Kindern irgendwie gute Lösungen finden.
Moritz: Kann ich herausfinden, aus welchen Gründen ein Spiel jetzt beispielsweise ab zwölf eingestuft wurde?
Eva Hanel: Jein, sagen wir es mal so. Also bei der USK hat es sich durch diese Novellierung im Jugendschutzgesetz auch geändert, dass es jetzt sogenannte Deskriptoren gibt, die mit dem Alterskennzeichen abgebildet sind. Also, ich erfahre durch die Deskriptoren die Gründe, warum jetzt USK 16 entschieden worden ist, beispielsweise Gewalt, drastische Gewalt, Horror, belastende Themen.
Ralf: Sind das Symbole?
Eva Hanel: Nee, es steht direkt daneben, also anders, als PEGI wer das manchmal vielleicht auch sieht. Die haben eher Symbole, die haben so eine Faust beispielsweise für Gewalt...
Ralf: Ganz kurz PEGI ist was?
Eva Hanel: PEGI ist das Altersverifikationssystem, was im restlichen Europa gilt, nur nicht bei uns in Deutschland?
Ralf: Weil wir die USK haben.
Eva Hanel: Weil wir die USK haben, genau.
Ralf: Und die haben diese Symbole?!
Moritz: Und die USK ist auch viel besser bestimmt als PEGI
Eva Hanel: Nee, das ist tatsächlich recht ähnlich, muss man sagen. Aber ich finde es gut, dass man jetzt dazugekommen ist, eben die wesentlichen Gründe anzugeben, und wenn ich jetzt eben n Elternteil bin, der sagt, nö, also gewalttätige Computerspiele kommen mir hier nicht ins Haus, und ich sehe Gewalt war aber verantwortlich für das Kennzeichen, da kann ich mich eben für ein anderes Spiel entscheiden, und ich sehe eben auch, und das finde ich mittlerweile auch recht transparent für Eltern, ob eben In-Game-Käufe möglich sind, ob Chats möglich sind, also auch das erkenne ich direkt auf dem Alterskennzeichen. Dann kann ich halt sagen, okay, ich möchte nicht, dass mein Sohn, meine Tochter ein Spiel spielt, wo In-Game-Käufe möglich sind. Also überlegt dir irgendeinen anderen Titel, und das ist von Vorteil. Eine andere Idee wäre natürlich noch, dass man sich eine pädagogische Empfehlung holt zu dem Spiel.
Moritz: Ergänzend?
Eva Hanel: Genau da würde ich natürlich immer den Spieleratgeber NRW empfehlen, weil.
Moritz: Selbstverständlich in unseren Shownotes verlinkt natürlich.
Eva Hanel: Weil, da kriege ich erst mal als Elternteil eine Beschreibung, worum geht es in dem Spiel überhaupt? Ich erfahre einfach ein bisschen was über den Titel, und die machen eben am Ende eine pädagogische Empfehlung, und die kann dann auch mal zehn oder 14 oder acht lauten.
Moritz: Obwohl das Spiel ab sechs ist.
Eva Hanel: Genau, da wäre Fortnite zum Beispiel gelistet mit ab 14.
Moritz: Ah, okay, ich habe auch manchmal das Gefühl, also jetzt mal ganz böse gesagt, dass diese Altersfreigaben meinetwegen im Kino oder bestimmt auch bei Computerspielen oft dazu führen, so als Dienstleistung, dass Eltern sich nicht drum kümmern müssen, was da eigentlich passiert. Das heißt, man guckt nach: Okay, Spiel ist ab zwölf, dann guckt man in der Geburtsurkunde vom Kind, stellt fest, ist zwölf, und sagt, alles super. Aber eigentlich wäre es viel schöner, sich eher mit Inhalten zu beschäftigen.
Eva Hanel: Ja, das ist natürlich so ein bisschen Wunschdenken, zu sagen, spielt doch gemeinsam oder frag mal nach, was du da machst, oder guck ab und zu mal ins Kinderzimmer. Das würden wir uns natürlich immer wünschen, allein aus pädagogischer Sicht. Ich bin schon froh, wenn ich auch viele Eltern treffe, die sich zumindest an den Alterskennzeichen orientieren.
Ralf: In der aktuellen KIM-Studie habe ich in meinem Elternabend immer ein Teil, wo tatsächlich knapp die Hälfte der Eltern diese USK-Freigabe laut Studie aber tatsächlich für eine pädagogische Beratung halten.
Eva Hanel: Genau. Also, es geht um eine Entwicklungsbeeinträchtigung und nicht um eine Empfehlung. Das muss man irgendwie den Eltern einfach als Information mit auf den Weg geben. Das ist nicht ganz einfach, das verstehe ich. Aber dafür gibt es ja uns, dass wir diese Informationen an die Eltern herantragen.
Ralf: Also uns jetzt nicht als USK, sondern uns als Pädagogen, die in der Elternarbeit unterwegs sind.
Moritz: Die Kombination, dass du bei der Landesstelle Jugendschutz bist und bei der USK, das passt ja eigentlich perfekt zusammen, so oder?
Eva Hanel: Ja, also, ich profitiere da sehr von, muss ich sagen. Zum einen kriege ich natürlich immer mit, was für aktuelle Spiele gibt es gerade. Ich sehe natürlich auch Sachen bei der USK, die ich jetzt privat nicht unbedingt spielen würde, kriege natürlich die Diskussion mit, auch um Entwicklung in Spielen. Insofern ist das für mich ein totaler Mehrwert, auf jeden Fall.
Moritz: Eva, gibt es noch eine - ne Quatsch! Ich wollte dich gerade fragen, ob es noch eine Frage gibt, die du beantworten willst. Aber wir haben ein absolutes Novum hier in unserem Podcast, weil du bist wirklich die Erste, die hier live in der Küche dabei ist bei der Produktion. Lea von juuuport in der vorvorletzten Folge, war nur digital zugeschaltet, und deswegen konnte sie in unserer Abschlussrubrik "Und sonst" nicht teilnehmen. Das heißt, du kannst jetzt, wenn du noch was sagen möchtest, das gleich in der "Und sonst"-Rubrik machen.
Ralf: Gibt’s noch was? Und sonst.
Moritz: Ja und Eva und sonst.
Ralf: Und eva, hast du noch was?.
Eva Hanel: Naja also, ich würde mir, wenn ich einen Wunsch äußern darf, würde ich mir auf jeden Fall wünschen, dass sich die Eltern wirklich daran interessieren, wie die digitalen Spiele ihrer Kinder funktionieren, und mein Appell wäre eben auch, sich die neuen Alterskennzeichen anzugucken, die Hinweise wahrzunehmen, weil es ist wirklich eine super gute Orientierung für Eltern, und versucht, euch irgendwie daran zu orientieren, dass die Alterskennzeichen auch mit dem Alter eurer Kinder übereinstimmten.
Moritz: Und ich muss ganz echt sagen, diese Änderung, dass da tatsächlich jetzt, wie hast du gesagt, die persönliche Intrige? Ich kann das gar nicht!
Eva Hanel: Persönliche Integrität, das ist das Zauberwort.
Moritz: Dieser Podcast wird transkribiert von unserem lieben Kollegen Jonas. Ich freu mich jetzt schon, du hast, du hast zwei, drei andere Wörter, die du wirklich sowas von großartig ausgesprochen hast, wo wir üblicherweise hier Jonas in den Wahnsinn treiben, weil wir es fünfmal anfangen. Ich finde, das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil die meisten Eltern, die, die wir erleben, sind ja zwar mit Computerspielen groß geworden, aber nicht mit den Kriterien, die In-Game-Käufe betreffen, oder das Chatten mit vermeintlichen Erwachsenen in der Lobby oder eben nicht vermeintlichen Erwachsenen. Von daher wäre das, glaube ich, auch noch mal so an uns ein Auftrag, das wirklich auch noch bekannt zu machen, dass es eben nicht nur um Gewaltdarstellung geht, sondern grundsätzlich auch um Zeitmanagement und all diese Sachen.
Ralf: Ja, und auch, dass diese Auszeichnung mittlerweile ja mehr als diese, diese Zahl ist.
Eva Hanel: Genau also, man kriegt Hinweise zum Inhalt, und man kriegt Hinweise zu sogenannten Nutzungsfunktionalitäten. Total bescheuertes Wort! Aber das ist das dann mit Chat und In-Game-Käufen und so.
Ralf: Was haben wir noch, Moritz?
Moritz: Ich möchte ganz kurz nur über eine Studie sprechen, und zwar hat das Kompetenznetzwerk Hass im Netz eine Studie veröffentlicht unter der Überschrift lauter Hass, leiser Rückzug, und zwar wurde 2023 eine Erhebung durchgeführt, wo insgesamt 3000 Internetnutzerinnen und Internetnutzer in Deutschland befragt wurden ab 16 Jahren, und es ging generell um Hass und all diese Problematik in erster Linie in Social Media. Die Zahlen sind alarmierend wie oft in Studien, die in diese Richtung forschen, und was ich ganz interessant fand oder bedenklich, und ich muss sagen, dann nehme ich mich nicht so raus ist, als dass ein großer Teil der Menschen, die normalerweise sich eigentlich gegen solche Tendenzen stellen würden und normalerweise, wenn man das mitkriegt, jetzt an der Supermarktkasse oder so, dass jemand diskriminiert wird, wo man eingreifen würde. Diese Menschen greifen in Social Medianicht ein, nicht weil sie weggucken, sondern weil sie die Plattform verlassen. Also, das heißt, ein ganz großer Teil der Menschen entzieht sich so dem politischen Diskurs in Social Media, und da habe ich mich, ich hatte das im Radio gehört, ne Reportage. Ich sag eigentlich ärgerlich, dass die Leute, die in Social Mediagegenhalten würden und sagen wir mal, nicht jetzt den den ganzen Radikalen Social Media überlassen, ziehen sich dieser Teil der Gesellschaft zurück, sodass dadurch der Eindruck entsteht, bei Facebook oder X oder wo auch immer, dass dann diese Blase sich dann noch stärker fühlt, weil es einfach auch keine Widerrede mehr gibt. Und ich habe aber auch keinen Bock, ehrlich gesagt, mich in irgendwelchen absurden Facebookgruppen zu beschäftigen. Das ist n echtes Dilemma, und 86 Prozent der Befragten finden, dass die Plattform selber mehr Verantwortung übernehmen müssten, und das ist insofern ja auch ne alte Diskussion, dass man meinetwegen Mark Zuckerberg oder wer auch immer die letztendlich die Ikonen, die dafür stehen, immer sagen, sie stellen nur die Technik zur Verfügung. Und dann muss ich aber ganz klar sagen auch: Nach der Auseinandersetzung mit TikTok letzte Woche, letztendlich verdienen die Plattform ihr Geld damit, dass dort Hass stattfindet. Hass verbreitet sich wesentlich schneller, das heißt, es gibt mehr Meta- Daten, mit denen man dann Geld verdienen kann, und ich glaube, dass ist denen bewusst. Ich würde jetzt vielleicht sogar unterstellen, dass es Teil des Geschäftsmodells ist dort. Und da haben 79 Prozent der Befragten der Aussage zugestimmt, dass die großen Social-Media-Plattformen auch finanzielle Verantwortung für die durch den Hass im Netz entstehenden gesellschaftlichen Schaden übernehmen sollen. Wie auch immer man sich das jetzt vorstellen muss, zumindest eine Studie, die irgendwie auch so passte zu den Radikalisierungstendenzen, über die wir auch öfter schon im Podcast gesprochen haben.
Ralf: Eva, schön, dass du hier warst. Vielen dank an dich, auch an dieser Stelle nochmal ganz ausdrücklich!
Eva Hanel: Sehr gerne. Schön, dass ich dabei sein durfte.
Ralf: Und wir sagen Danke fürs Zuhören, freuen uns wie immer über Rückmeldungen an podcast@smiley-ev.de und sagen auf Wiederhören!
Moritz: Tschüss