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Wie pädagogisch umgehen mit Bibis Beauty Palace?

Manche frohlocken: endlich hat sich Bibi mit einem Musikvideo so richtig blamiert. Die Fans müssen Häme und Spott ertragen. Bibis Video erfreut sich bemerkenswerter Klickzahlen. Was bleibt für eine pädagogische Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell des Youtube-Stars?

Kaum ein Youtube-Star polarisiert derzeit so sehr wie Bibi (Bianca Heinicke), wenn es um die Art und Weise des Geldverdienens bei Youtube geht. Durch Produktplatzierung und sehr geschicktes Marketing gelingt es, dass mit relativ einfach gemachten Videos im Kanal „Bibis Beauty Palace“ ein sehr großer Umsatz erzielt wird. Zielgruppe sind hier Kinder, die ihr Taschengeld für u.a. von Bibi vermarkteten Duschschaum oder in der Videobeschreibung verlinkten Produkte ausgeben. Nun hat Bibi als Sängerin einen ersten Song veröffentlicht, der bei Youtube extrem schlecht bewertet wurde.

Die große Blamage

„Ich habe es ja immer gesagt, Bibi kann gar nichts“, „Der Dislike-Rekord ist der Beweis: Bibi ist ***“ oder „wie kann man jetzt noch Fan sein?“ sind nur drei Zitate, die sich Bibi-Fans derzeit anhören müssen. In Klassenchats bei Whatsapp gab es am vergangenen Wochenende kaum ein Thema, das mehr Wellen schlug. Für die Fans von Bibi (in vielen Fällen jünger als zwölf Jahre alt) muss sich das anfühlen, wie für einen Fußballfan eines abstiegsbedrohten Bundesligisten, der vor anderen nicht-Fans vorgeführt wird und über den sich alle lustig machen. Nur werden Kinder hier weniger Verständnis haben als eingefleischter Fußballfan, der mit dem Herabsetzen der gegnerischen Fans vermutlich seine Erfahrungen hat. In den Kommentaren zum Video verteidigen mitunter verzweifelt die Fans ihren Star gegen den sog. Shitstorm, in dem es inhaltlich teilweise weniger um das Lied geht, als darum, Bibi - aber eben auch die Fans - zu erniedrigen. Auch viele Erwachsene scheinen geradezu erleichtert, dass Bibi endlich blamiert ist und beteiligen sich u.U. am gefühlten „Bibi-Bashing“.

Jugendkultur: Verteuflung gehört dazu

Schon immer gab es Idole, für die sich ihre Fans rechtfertigen mussten: die Kelly-Family oder Tokio-Hotel sind hier nur zwei Beispiele von vielen. Das Aussehen und die Attitüde dieser Künstler ist vielen derart negativ aufgestoßen, dass die Qualität der Musik keine Rolle spielte und vielen Fans dennoch jeglicher (Musik-) Geschmack abgesprochen wurde.

Vielleicht gehört es zu einer Jugendkultur sogar dazu, dass Erwachsene ihre Musik ablehnen und verteufeln. Diesen Effekt gab es schon bei den Beatles oder Rolling Stones vor über fünfzig Jahren. Vielleicht gehört es auch zum Geschäft, bei den einen beliebt und bei anderen verhasst zu sein.

Konstruktive Auseinandersetzung erscheint notwendig

Nun erscheint allerdings eine kritische Auseinandersetzung mit Bibi und ihrem Geschäftsmodell abseits von Geschmacksfragen aus medienpädagogischer Sicht durchaus sinnvoll. Es darf dabei nicht um die Qualität des Songs gehen und auch nicht darum, ob es objektive Maßstäbe gibt, nach denen der Song gut oder schlecht ist. Zielgruppe sind sicher keine Musikliebhaber, sondern Kinder. Auch die Qualität des englischsprachigen Textes wird für Kinder, die nur ansatzweise Englisch verstehen, völlig unerheblich sein.

Anders als bei Tokio-Hotel oder den Beatles, handelt es sich bei Bibi aber um keine Musikerin, sondern eher um eine Universal-Integrationsfigur, für viele vergleichbar mit einer Ersatz-Schwester. Schon Tage vor der Veröffentlichung des Videos hat Bibi ihren Fans empfohlen, den Song als Single vorzubestellen, weil sie angeblich befürchtete, dass die CD sonst zu schnell vergriffen ist. So ist schon vor dem Erscheinen des Songs ein nicht unerheblicher Umsatz gemacht worden: von einer Sängerin, von der niemand vorher wusste, ob sie überhaupt singen kann. Auch viele andere Videos mit Produktempfehlungen sind beim genaueren Betrachten Werbevideos, die von manchen Kindern aber als Herzensempfehlung eines Idols interpretiert werden. Vielleicht gehört es auch zur Strategie des Marketings, dass der Song entsprechende Wellen schlägt. Kaum ein Video in Deutschland hat so viel Aufmerksamkeit erhalten. Auch dies wird sich effektiv finanziell positiv auswirken. In einer medienpädagogischen Auseinandersetzung muss es somit darum gehen, Kinder zu befähigen, Vermarktungsstrategien zu erkennen bzw. zu entlarven.

Voraussetzung für eine konstruktive Auseinandersetzung mit diesen Mechanismen ist, die Kinder da abzuholen, wo sie sind: als Fans. Fernab von Geschmacksfragen muss hier sensibel mit Kindern analysiert werden, wie das Geschäftsmodell vieler Youtube-Stars funktioniert. Mit einem empathischen und akzeptierenden Ansatz lässt sich vermutlich bei der Fangemeinde mehr erreichen als mit einer Konfrontation. Es darf nicht darum gehen, ob Bibi Talent hat oder nicht. Fragwürdig sind die Methoden der Produktplatzierung und Eigenvermarktung, nicht die Qualität bspw. ihres Songs. Nebenbei bemerkt, lohnt es sich auch, die klischeehafte Darstellung von Jungen und Mädchen in vielen Videos zu diskutieren. Auch dies kann nur mit viel Empathie funktionieren.

Ein Türöffner kann sein, dass sich Erwachsene schockiert zeigen, auf welche hassgeladene und herablassende Art und Weise das Video kommentiert wird, um dann auch zu klären, weshalb Bibi in der Wahrnehmung vieler so umstritten ist. Dies wäre auch gleich noch ein Beitrag zur Diskussionskultur im Internet: Auch wenn Bibi als Profi hoffentlich durch professionelles Coaching mit Hassbotschaften umgehen kann, lohnt es sich, sich von den hassgeladenen Kommentaren bei Youtube zu distanzieren.

Dieser Beitrag wurde am 12.05.2017 verfasst.



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