Podcast

Folge 46: Der Spieleratgeber-NRW

Linda Scholz vom Spieleratgeber -NRW ist in der 46. Folge zu Gast bei Moritz Becker und Ralf Willius. Die drei sprechen über das Beratungsangebot des Spieleratgebers-NRW und die generelle Herausforderung für Eltern, gute Spiele für ihre Kinder zu finden.

Außerdem geht es in der letzten Folge vor der Sommerpause um den Kaninchenloch-Effekt und eine weitere pragmatische Idee, wie ungewolltes Filmen verhindert werden kann.

2024-06-24 v2.mp3

Ralf: Wir haben Besuch heute von Linda Scholz vom Spieleratgeber NRW.

Moritz: Wie an jedem Medienerziehungs-Montag sitzen wir auch heute in meiner Küche und machen uns Gedanken, wie Medienerziehung ganz pragmatisch im Alltag aussehen kann. Dieser Podcast von smiley e.V. wird gefördert von Aktion Mensch. Mein Name ist Moritz Becker.

Ralf: Mein Name ist Ralf Willius.

Moritz: Und heute ist Mediennutzungs-Montag, am 24. Juni 2024, und dies hier ist unsere 46. Folge

Ralf: Hallo Moritz!

Moritz: Hallo, Ralf!

Ralf: Wir haben Besuch heute von Linda Scholz vom Spieleratgeber NRW.

Linda Scholz: Ja, hallo, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, dass ich hier sein kann.

Moritz: Hallo Linda, leider nur per Kopfhörer und Kamera hier bei uns in der Küche. Ich freue mich!

Ralf: Aber Moritz, bevor wir mit Linda sprechen, noch Rückmeldungen zur letzten Folge?

Moritz: Ganz kurz nur eine Anregung. Thema war das heimliche Filmen im Unterricht, und wir haben die Anregung bekommen: Man könnte doch so wie in manchen Clubs oder bei manchen Veranstaltungen einfach auch in Schulen so kleine Aufkleber auf die Kamera der Smartphones drauf machen, sodass nicht gefilmt werden kann. Finde ich eine schöne Idee, ist oft so bei Technoveranstaltungen, damit Leute in aller Ruhe nackt Drogen konsumieren können, ohne bloßgestellt zu werden. Aber ich würde mir eigentlich vorstellen, so wie wir es beim letzten Mal diskutiert haben, dass man das in Schulen nicht braucht, also dass es nicht nötig ist, die Kameras Aufklebern jetzt wirklich lahmzulegen, sondern dass man sich auch so drauf verlassen kann, dass andere Menschen, Andere nicht heimlich filmen. Und alles Andere, was ich jetzt hier noch auf dem Zettel habe, würde ich gerne ans Ende der Folge verschieben, damit wir vielleicht jetzt erst mal mit Linda sprechen können.

Ralf: Klar, wir haben Besuch. Das geht natürlich jetzt erst Mal vor.

Moritz: Wir haben den Spieleratgeber NRW in unserer Sendung "Was ist eigentlich Brawl Stars" schon erwähnt? Und vielleicht werden wir heute auch über Brawl Stars sprechen?! Ich weiß es gar nicht so genau. Aber wir reden heute über den Spieleratgeber NRW Linda ist bei uns zu Besuch, nur virtuell. Also leider können wir dir jetzt keinen echten Kaffee anbieten. Vielleicht können wir das irgendwann mal nachholen, du musst deinen eigenen Kaffee trinken. Wenn man sich euer Angebot anguckt bei spieleratgeber-nrw.de unter der Adresse, dann findet man einen sehr umfangreichen Webauftritt mit ganz vielen Beschreibungen zu Videospielen und entsprechenden Altersempfehlungen, außerdem allgemeine Ideen und Hinweise im Bereich Medienerziehung. Was macht ihr, wie muss ich mir eure Arbeit vorstellen?

Linda Scholz: Der Spieleratgeber NRW ist ein Projekt von der Fachstelle für Jugend- Medienkultur. Dahinter befindet sich das Computer Projekt Köln e.V.. Also wir sind ein Verein, und die Fachstelle für Jugend- Medienkultur beschäftigt sich mit Medienpädagogik im Allgemeinen. Wir haben verschiedene Projekte zu medienpädagogischen Themen, also auch kreative Medienarbeit. Ich bin hauptsächlich im Gamesbereich unterwegs. Darüber reden wir ja heute. Da haben wir verschiedene Projekte, und unser langjährigstes Projekt ist der Spieleratgeber NRW. Das ist in erster Linie eine Internetseite, auf der sich Eltern, aber auch pädagogische Fachkräfte informieren können zum Thema Games. Also auf der einen Seite haben wir Spiele-Beurteilungen. Warum ist ein Spiel ab einem gewissen Alter freigegeben? Wie sieht das ganze pädagogisch aus? Was müssen Eltern und pädagogische Fachkräfte beachten? Was sind Faszinationsaspekte, aber was sind auch kritische Faktoren? Und diese Spiele werden in Gruppen getestet, also in Spiele-Testgruppen. Die sind in ganz NRW und darüber hinaus, und das sind Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Das heißt, Kinder und Jugendliche sind dort vor Ort, spielen da mit pädagogischen Fachkräften vor Ort, schauen sich Spiele an, geben ihre Meinung ab, und diese Meinung fließt dann eben in die Spiele-Beurteilungen.

Ralf: Die Jugendlichen, die dann da testen, welche Altersgruppe habt ihr da?

Linda Scholz: Wir versuchen uns immer, in die jeweilige Einrichtung zu orientieren. Also, es gibt da jetzt auch nicht so eine Methode, die man dann überstülpt, sondern wir versuchen immer, mit den Einrichtungen abzusprechen. Was passt für euch auch als Einrichtung? Wie ist eure Zielgruppe? Was haben die Kinder und Jugendlichen überhaupt für Interessen? Was spielen die gerne? Was habt ihr vielleicht auch für eine technische Infrastruktur vor Ort, und was sind all die allgemeinen Medien- Regeln bei euch in der Einrichtung. Unsere Kernzielgruppe, oder viele Zielgruppen haben die Zielgruppe zehn, zwölf bis 16. Also wir haben auch ein paar Gruppen, die sind dann über 18, das heißt, die spielen die Spiele dann für ihr Alter auch bestimmt sind, wir haben tatsächlich ein paar 18-Gruppen. Wenn es aber viele 18er-Spiele gibt, testen wir die dann auch mal selber, also ohne Gruppen. Aber gerade so die Sachen ab sechs, ab zwölf, ab 16 oder auch ab null, die sind schon sehr beliebt.

Ralf: Wie viele Kolleginnen und Kollegen seid ihr?

Linda Scholz: Bei der Fachstelle an sich sind wir relativ viele Leute. Ich glaube, das sind so an die 30 mit aber auch studentischen Hilfskräften oder Praktikantinnen, die wir immer wieder haben. Das Team vom Spieleratgeber ist da ein bisschen kleiner, so dass sind hauptsächlich mein Kollege, der Daniel, der auch Fachbereichsleiter digitale Spiele bei uns ist, und ich und eine studentische Hilfskraft. Wir haben allerdings die anderen Projekte bei der Fachstelle für Jugend- Medienkultur, und wir sehen, dass da auch eher als ein Geben und Nehmen und man arbeitet ja zusammen. Also unser Team von Gaming oder Grenzen, also mit dem inklusiven Gaming, dass es zum Beispiel sind auch nochmal drei KollegInnen. Wir haben jetzt ein neues Projekt mit dem Schwerpunkt Silvergaming, also wo da Gaming Projekte entstehen mit SeniorInnen, und das Thema Games wird aufgegriffen. Das sind auch nochmal zwei KollegInnen, und im Grunde gibt es da relativ viele Berührungspunkte. Wir haben auch eine Jugendredaktion, die betreue ich mit meinem Kollegen David, und da ist es so, dass das auch viele Jugendliche sind, die aus Spieletestgruppen tatsächlich kommen, die jetzt mittlerweile 18, 19, vielleicht 20 sind, in der Spieletestgruppe oder in die Jugendeinrichtung gar nicht mehr so viel gehen, aber irgendwie uns verbunden sind und gerne noch ein bisschen über Games schreiben und die wir dann auch mal bei verschiedenen Veranstaltungen als ExpertInnen dazuholen, um die Stimme der jungen Menschen zu repräsentieren.

Moritz: Ich habe so ein bisschen geguckt, wie ihr einzelne Spiele bewertet, und da bin ich über zwei Spiele, ja nicht unbedingt gestolpert, aber da würde ich auf jeden Fall gerne mehr von dir erfahren. Und zwar habt ihr Sims vier, habt ihr gesagt, ist ab zehn, und die USK, die Unterhaltungssoftwareselbstkontrolle, wo wir auch in einer Podcastfolge drüber gesprochen haben, mit Eva Hanel, die dort Prüferin ist, die USK sagt, Sims 4 ist ab sechs, und das gleiche ist bei Fortnite Battle Royale, da ist die Einstufung der USK zwölf, und da habt ihr auch 14 gesagt, wie kommt ihr dann, sagen wir mal zum Ergebnis, dass da was die USK, die ja jetzt Gefährdung im Blick hat, die sagen ab sechs bei Sims 4, ihr sagt dann entsprechend vier Jahre älter. Wie kommt ihr denn dazu dort - naja strenger zu sein ist jetzt vielleicht nicht die richtige Vokabel - aber dass ihr da zumindest ein höheres Alter annehmt.

Linda Scholz: Die USK gibt ja, geht ja nach der Gefährdungsneigung aus und gibt ein gesetzliches Alterskennzeichen ab, wann ein Spiel für eine gewisse Altersgruppe ja auch gekauft werden kann oder zugänglich gemacht wird.

Moritz: Also für den Handel verbindlich, also mehr als eine Empfehlung, sondern wirklich eine ganz verbindliche Einstufung.

Linda Scholz: Genau einfach die gesetzliche Alterskennzeichnung, wie es bei Filmen der Fall ist. Bei uns ist es so, dass wir uns die Spiele nochmal anschauen und eben auch eine pädagogische Altersempfehlung geben. Also ab wann kann man das Spiel auch gut bedienen? Also ab wann macht es auch Sinn, dass da vielleicht ein Kind da alleine vorsitzt und da alleine Spaß mit hat und keine Unterstützung dabei braucht, weil man, weil es die Texte lesen kann, weil es die Rätsel verstehen kann, weil es nicht irgendwann es frustriert in die Ecke wirft. Also, genau wie so eine oder Civilisation oder eine Wirtschaftssimulation sind auch ein gutes Beispiel. Warum soll das für ein vierjähriges Kind problematisch sein? Deshalb haben solche Spiele oft eine null. Aber wenn ich einen Fünfjährigen vor Civilisation setze und sag, du musst jetzt hier deine Wirtschaftssimulation aufbauen, dann ist das vielleicht eher für Jugendliche interessant, die schon so 14, 15 sind oder Spiele, die sich mit ernsten Themen wie Gender-Normativität oder Serious Games oder über den, über den, über den Nationalsozialismus. Also klar, da sind dann irgendwie teilweise Sachen oder Text-Adventure oder wie auch immer, deshalb es nicht sein kann, dass ein Vierjähriger abends im Bett legt und Alpträume hat, aber wo er vielleicht davor sitzt und einfach sagt: Okay, das verstehe ich jetzt gerade noch nicht, also das ist bei uns so der Schwerpunkt.

Moritz: Also, das heißt, bei euch geht es nicht so sehr um eine Gefährdung, sondern eher um eine inhaltliche Auseinandersetzung.

Linda Scholz: Mhm genau, und das ist halt gerade bei einigen Spielen so, dass wir natürlich da von verschiedenen Zielgruppen ausgehen. Wir versuchen zu erklären, für wen ist das Spiel überhaupt spannend. Wenn manche Jugendlichen vielleicht den Landwirtschaftssimulator total interessant finden, ist das für andere total langweilig, und bei manchen Spielen ist es so, dass da komplizierte Rätsel vorkommen, dass vielleicht die Steuerung auch kompliziert ist, dass ich Englisch können muss oder ähnliche Sachen, und das sind halt Aspekte, auf die wir auch schauen. Also gibt es da irgendwie ernste Thematiken, die da bearbeitet werden, oder ist das Spiel allgemein von seiner Komplexität - Sims zum Beispiel ist ja ein eher komplexes Spiel. Das heißt jetzt nicht, dass Sechsjährige das nicht verstehen oder spielen können. Aber wenn ich da mein Haus bauen will, wenn ich vielleicht auch verschiedene Aspekte finanzielles Management, etc. dazunehme, im vollen Maße, dann kann das natürlich, auch wenn ich das alleine spiele, oder ob ich das mit meinen Eltern zu sagen Sammelspiele für Ältere eher interessant sein, ist, so ein bisschen. Ich nehme als Beispiel jetzt als analoges Beispiel Monopoly. Natürlich kann irgendwie ein Vier- oder Fünf- oder Sechsjähriger auch Monopoly spielen. Wenn die Eltern noch dabei sind und jemand, der da irgendwie drauf achtet mit den Steuern und den Zinsen und dem Rechnen, dann klappt das natürlich total gut. Aber wenn jetzt zum Beispiel nur Fünf- oder Sechsjährige das Spiel spielen, könnte es da Probleme geben. Vielleicht ist man da eher zehn, und das sind so ein bisschen die feinen Nuancen.

Moritz: Am Beispiel von Monopoly ist das wirklich sehr nachvollziehbar. Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass anders als bei Gesellschaftsspielen oder auch Büchern bei der Bewertung von Videospielen, man da so gewisser Weise defizitorientiert draufguckt und so Gefährdungen ausschließen möchte und so, während man das bei Büchern traditionell nicht macht, sondern da eher genauso vorgeht, wie du es gerade beschreibst, dass man überlegt, für wen könnte dieses Buch interessant sein? Das heißt, wer sich für Landwirtschaft interessiert, wird eher den Landwirtschaftssimulator spielen als andere, die vielleicht lieber irgendein Shooter spielen wollen oder so. Was würdest du sagen: Was ist so der große Unterschied zwischen einem klassischen Buch für Kinder oder Jugendliche und Computerspielen? Steckt da ne andere Motivation dahinter, zu spielen, oder ist diese Faszination vielleicht einfach auch nicht vergleichbar?

Linda Scholz: Mhm also, es ist natürlich bei Kindern und Jugendlichen verschiedene oder auch bei erwachsenen Aspekte sprechen dafür, dass digitale Spiele interessant sind. Also in erster Linie ist es natürlich einmal diese Interaktivität, Involvierung. Das ist schon bei den kleinen Kindern. Ich drücke irgendwie einen Knopf, und es passiert was, oder ich drücke aufs Tablet, und da passiert irgendwas. Also einfach dieses, diese Selbstwirksamkeit erleben und selber Dinge tun, und Spielen macht ja auch allgemein Spaß oder sollte natürlich in erster Linie Spaß machen. Deshalb diese Selbstwirksamkeit erleben und eben auch selber interaktiv entscheiden, wie geht es überhaupt weiter. Also im Film mache ich dann Pause, oder wenn ich rausgehe, weiß ich, der läuft weiter. Bei dem Spiel ist es natürlich so, ich kann jetzt entscheiden, wie geht es weiter, und was mache ich da, und gleichzeitig ist es bei Spielen so. Ich werde da auch besser. Also Dinge, die ich nicht schaffe, schaffe ich vielleicht beim zweiten oder dritten Anlauf. Dann habe ich ein Erfolgserlebnis. Spiele sind unglaublich gut darin, ja immer wieder Feedback zu geben und: Hey, das hast du gut gemacht, hier ist deine Belohnung, und das motiviert natürlich auch nochmal, dass man sagt: Hey, jetzt habe ich das geschafft, das sind jetzt Glücksgefühle, die ich da irgendwie habe, dass ich den schweren Endgegner, das schwere Level jetzt absolvieren konnte. Das sind natürlich alles Mechanismen, die sowohl für Erwachsene als auch für Heranwachsende gelten.

Moritz: Und das ist, sagen, wir motivierend auf der einen Seite, und auf der anderen Seite wird es wahrgenommen dann von Eltern als ein Problem, wenn das Kind dann eben sagt, ich will noch eine Stunde spielen.

Linda Scholz: Wir haben ja jetzt eine Generation aktuell von vielen Eltern, das erleben wir auch bei Elternabenden, die geben wir auch oder Eltern können sich auch immer an uns wenden, wenn es zum Beispiel ein Spiel gibt, zu dem wir noch nichts haben. Hey, könnt ihr euch das Spiel mal anschauen, und dann machen wir das auch und schreiben dann die E-Mail. Aber wir haben jetzt eine Generation von Eltern, die auch mit Games teilweise groß geworden sind und die da auch mit einer gelassenen Skepsis drauf blicken. Dass man natürlich Kinder auch mit dem älter werden natürlich da auch mal ein bisschen ziehen lässt und auch mal ihre die eigenen Erfahrungen mit den Medien machen lässt.

Moritz: Und ich glaube, dass aber gerade die Eltern, die noch ohne Videospiele groß geworden sind. Für die ist dann ja eigentlich eure Arbeit ganz besonders wichtig. Die, die ticken anders, würdest du sagen.

Linda Scholz: Digitale Spiele sind einfach ein Medium, was für viele Ältere nicht so greifbar ist, während beim Film. Es ist okay, ich gucke mir den an. Ich kann jetzt entscheiden, ist das ist das was für mein Kind, oder ist das nichts für mein Kind? Ist es bei Spielen so, dass es einfach ein sehr komplexes Medium ist. Also teilweise fällt es Eltern da schwer, sich hineinzuversetzen. Was macht daran überhaupt Spaß? Ich verstehe das auch nicht. Was machen die da? Ich kann mir das jetzt auch nicht angucken, und in einem zwei- dreiminütigen Trailervideo erschließt sich mir das auch nicht. Also, es ist einfach ein Medium, was relativ komplex ist und aufgrund dieser Komplexität für Eltern oft schwer zu begreifen ist. Und dann ist es so, dass es doch jetzt quatsch und macht das doch nicht, und dann, wie du willst, jetzt noch eine Stunde spielen, während es bei anderen Medien ein bisschen nachvollziehbarer für Eltern ist, und diese Medien-Angst oder diesen Medienwechsel, den hat man natürlich in verschiedensten Bereichen, also ganz früher waren es die Bücher, dann waren es die Filme oder die Serien oder Fernsehgucken, etc. oder irgendwelche Rockmusik oder wie auch immer, und das gibt es einfach schon, und wir wollen da Eltern eben die Informationen an die Hand geben, dass wir sagen, ihr seid die ExpertInnen für euer Kind, ihr könnt das im besten Falle selber entscheiden. Das sind alle Informationen, die für euch wichtig sind, und jetzt könnt ihr entscheiden. Okay, ich finde, das ist in Ordnung, wenn mein Kind dieses Spiel spielt, auch gerne mal länger spielt, oder nee, das finde ich jetzt nicht gut. Das möchte ich nicht, dass mein Kind das spielt. Aber ich habe mich jetzt darüber informiert, und ich kann auch im Gespräch begründen, warum möchte ich das vielleicht nicht. Und dann können wir aushandeln, wie wir das vielleicht machen. Wir wissen natürlich auch, oder das ist natürlich auch logisch. Das funktioniert in jeder Familie anders, und gerade der Erziehungsprozess ist ein sehr schwieriger, und es läuft dann natürlich nicht immer optimal ab. Aber wir können auf jeden Fall versuchen, Familien dabei zu unterstützen und die Informationen zu geben, und letztendlich ist es dann immer ein Aushandlungsprozess, wie es aber auch bei allen anderen Themen ist, also auch nicht nur bei Medienthemen.

Ralf: Glaubst du, dass sich das in den nächsten zehn Jahren ändern wird, also dass Eltern da dann weiter sind und dass es dann so Angebote wie euch oder vielleicht auch uns letztendlich gar nicht mehr so braucht?

Linda Scholz: Ich glaube nicht, dass so Angebote irgendwann nicht mehr gebraucht werden, einfach weil sich eben genauso, wie sich die Eltern verändern, die Medien auch immer verändern. Und letztendlich ist es so da, wo die Eltern sich auch gut auskennen oder wo die Eltern auch unterwegs sind. Das ist dann auch einfach nicht mehr so cool. Also, ich glaube, kein Jugendlicher ist irgendwie mehr bei Facebook, wahrscheinlich alle Eltern. Das verändert sich rasend schnell, und genau also, Eltern können auch, wir können ja da schon als Medienpädagogen fällt manchmal schwer, am Ball zu bleiben, und so geht's natürlich Eltern auch.

Moritz: Bei uns ist es so, dass dieses am Ball bleiben nur funktioniert, weil wir in den Klassen unterwegs sind, und wir lernen von den Schülerinnen und Schülern, was angesagt ist, und das übertragen wir dann auch auf unsere Elternarbeit.

Linda Scholz: Es gibt auch einfach gewisse Spiele. Die habe ich tatsächlich erst über meine Testgruppe das erste Mal kennengelernt, also zum Beispiel Minecraft. Das erste Mal ich das Wort Minecraft höre, war im Rahmen, ich weiß nicht mehr, es ist schon viele Jahre her, aber da war das noch gar nicht so ein großes Ding. Aber da sagt ein Junge in meiner Testgruppe, ob wir das mal spielen können, das ist jetzt, das findet er total cool. Oder ich so, was ist das denn? Und bei Brawl Stars war es tatsächlich auch so, dass ich irgendwann meinte, hey, was spielt ihr denn am Handy, und dann haben die Kids mir Brawl Stars erklärt.

Moritz: Mir ging es bei Minecraft so, dass ich gedacht habe, wie kann man dieses Spiel spielen? Die Grafik ist so eine Katastrophe. Ich musste mir wirklich von Kindern erklären lassen, dass die Kreativität in dem Bauen und so das ist, und ich mit meiner eigenen Sozialisation habe gedacht, wie kann man sich mit so einer Grafik so intensiv beschäftigen? Und das, glaube ich, ist etwas, was man auch nur mit Beteiligung von Kindern dann oder über die Schulter der Kinder begreifen kann und nicht selber erfahren, ist zumindest oft mein Eindruck.

Linda Scholz: Ja, es ist total spannend, auch so Übertragungsprozesse. Also, wir haben auch schon Angebote mit Minecraft gemacht, wo wir auf der einen Seite Kinder haben, mit Minecraft Dinge bauen lassen, und auf der anderen Seite gab's dann Legosteine, und dann konnte man Dinge auch analog in LEGO nachbauen, und da waren die Eltern dann plötzlich auch dabei, und die kennen das natürlich dann auch aus ihrer Kindheit.

Ralf: Ihr habt auf einer Webseite unter Tipps den Hinweis, dass man Haltung annehmen soll, und da schreibt ihr, man muss nicht jedes Spiel selbst mögen, sollte sich jedoch informieren, um eine Haltung einzunehmen, um auch argumentieren zu können. Und wer das Hobby der Kinder und Jugendlichen pauschal verurteilt, findet vermutlich auch keinen Zugang zu ihnen. Dies erschwert auch die kritische Auseinandersetzung. Was heißt das denn jetzt, wenn ich als Vater ein bestimmtes Spiel so überhaupt gar nicht mag?

Linda Scholz: Das ja, das ist tatsächlich etwas. Das ist oft Thema in Testgruppen oder allgemein in den medienpädagogischen Aspekten oder auch in Gesprächen, die wir haben. Wir finden natürlich auch selber Spiele, die gerade bei den Jugendlichen total angesagt sind, auch manchmal einfach blöd. Aber darum geht es ja irgendwie gar nicht. Also es geht ja gar nicht darum, was gerade, was wir selber blöd finden, das ist so ein bisschen auch mit so InfluencerInnen-Kultur, also sei es auf Twitch oder sei es auf YouTube, dass es natürlich auch eine große Sparte, wo Kinder und jugendliche Dinge lernen oder Mediensozialisation lernen, und wir finden bestimmt auch manche InfluencerInnen und YoutuberInnen blöd, und was die da so erzählen. Aber genauso fanden wahrscheinlich unsere Eltern früher auch Dinge blöd, die wir geguckt haben, die wir gemacht haben, Musik, die wir gehört haben, und das ist genau das Ding. Es geht ja eher darum, sich in die Kinder hineinzuversetzen und eine Haltung zu beziehen, und man kann ja auch sagen, okay, das gefällt mir jetzt nicht so oder das ist jetzt nicht so meins. Aber ich finde es völlig okay, dass du das konsumierst, sei es eine Serie, sei es ein Buch, ein Videospiel, wie auch immer. Aber wenn ich das halt wirklich nicht möchte als Elternteil, wenn es da eine Begründung gibt, warum? Vielleicht ist das, weil gewisse Themen vorkommen, die ich für mein Kind unangebracht finde, oder weil da eine Meinung vertreten wird, die ich nicht unterstütze, oder weil ich der Meinung bin, das Kind, wenn es was jünger ist, ist danach total aufgedreht, oder es ist vielleicht gewalthaltig, oder etc.. Es kann ja alles Mögliche sein, dass es einfach darum geht, dass man da halt mit argumentiert. Nee, ich möchte das nicht, oder ich finde das nicht gut. Ich finde, dafür bist du noch zu jung etc. und nicht einfach ich möchte das nicht, dass du das Spiel spielst, weil ich finde das blöd, dass du das spielst, das ist halt das Ding!

Moritz: Das heißt, dass man, dass man mit seiner Haltung das begründet, damit das Kind auch weiß, woran es sich dann an dieser Stelle vielleicht auch ein Stück weit abarbeiten muss. Wenn ich jetzt als Vater sage, als Pazifist kann ich nicht ertragen, wenn du ein Shooter in deinem Zimmer spielst, beispielsweise.

Linda Scholz: Zum Beispiel, und da muss man wahrscheinlich wie in anderen Bereichen das auch aushalten, dass das Kind es trotzdem tut oder wenn das Kind das trotzdem tun möchte. Also ich sag mal so, wenn jetzt die Eltern Vegetarier sind und der Sohn sagt, ich möchte jetzt aber mein Steak essen, das ist ja ein ähnliches Thema, das ist dann auch, da muss man dann aushalten, dass dazu bekennt sich ja auch jeder bereit in dem Moment, wo er Kinder hat. Haltung ist einfach was wichtiges, dass die Kinder auch wissen, das ist okay, dass es nicht okay, also auch nicht so wechselhaft sein, sondern einfach okay, das ist der Standpunkt meiner Eltern. Aber gleichzeitig haben sie mir bei anderen Aspekten auch ein Vertrauensvorschuss gegeben oder Dinge erlaubt, und das ist einfach ein Aushandlungsprozess, der mit dem Älterwerden natürlich Teil wird. Also auch da, wie, wie lange darf ich raus, was sind die Schlafenszeiten, was es bei Taschengeld?

Ralf: Und je klarer man da ist, je einfacher ist es dann letztendlich auch in der Umsetzung wahrscheinlich und der Durchsetzung des Verbietens, oder?

Linda Scholz: Genau und natürlich auch mit einem guten Beispiel vorangehen, also wenn man selber sagt, du kommst jetzt da von der Konsole weg, aber man sitzt dann am Abendbrottisch selber mit dem Handy, also eben auch da, dass man klare Regeln definiert, die dann in der Familie natürlich auch für alle gelten.

Moritz: Gibt es Spiele, wo du bei dir merkst, so. Ich will eigentlich nicht, dass Kinder das spielen.

Linda Scholz: Nicht direkt, aber es gibt mittlerweile einige Spiele, die sind halt super schwer zu durchschauen. Zum Beispiel, ich nehme jetzt mal das Beispiel Roblox. Roblox ist ja so, das ist ein großer wie ein Marketplace. Also ich kann da verschiedene Spiele spielen, die teilweise auch andere NutzerInnen selber gestaltet haben. Und da gibt es irgendwie total spannende und tolle und kreative Sachen bei. Gleichzeitig gibt es da aber auch einfach Sachen, die sind super problematisch, oder man kann ja auch einfach miteinander sehr schnell in Kontakt treten, oder jemand kann irgendwie einfach mein Kind anschreiben oder, je nachdem wieder die Einstellungen sind. Also solche Geschichten wie Datenschutzeinstellungen oder auch Privatsphäreneinstellungensind ja auch Aspekte, die wir versuchen zu thematisieren, und da gibt es einfach manche Spiele, die sind nochmal ein bisschen genauer zu betrachten, weil es gerade bei zum Beispiel Roblox eben auch dann irgendwelche Egoshooter gibt, die da gespielt werden können, und vielleicht...

Moritz: Wo du auch gar nicht vorher weißt, worauf du dich einlässt, ne?!

Linda Scholz: Genau, genau, und vielleicht zeigt aber mein Kind, wenn ich frage, hey, was ist denn Roblox, zeigt mir, dass man halt fünf Minuten lang gerade irgendwas anderes und macht dann was anderes. Während es bei anderen Spielen nicht so leicht ist, was völlig anderes zu zeigen, ist es bei so solchen Spielangeboten dann einfach schwierig, und es ist einfach gut, wenn Eltern dann wissen, okay, das ist vielleicht gerade nur so eine der Erlebnisse in Roblox, die mein Kind da spielen kann.

Ralf: Wir haben ja auch noch eine Folge dazu in petto.

Moritz: Also, Eltern haben uns gebeten, eine Folge in unserem Podcast zu machen zum Thema, was ist eigentlich Roblox, und ich hatte... Ich habe da echt. Also mir graut jetzt schon vor den Vorbereitungen, weil das wahnsinnig komplex ist, in ner halben Stunde darzustellen, was Roblox eigentlich ist.

Linda Scholz: Ja, ich finde, Roblox ist doch ein sehr gutes Beispiel. Nochmal kurz, um auf den Spieleratgeber zu sprechen zu kommen. Wir hatten ein redesign letztes Jahr von dem Spieleratgeber, und da haben wir gerade uns Spiele wie Fortnite oder Roblox oder ähnliche Titel einfach mal vorgenommen und die noch mal überarbeitet und modernisiert die Texte, weil unsere Robloxbeurteilung, die bei uns ein paar Jahre alt, da konnte man fast alles komplett neu schreiben. Also auch hier ist es wichtig, am Ball zu bleiben, und manche Spiele kommen halt raus wie das neue Super Mario, und sehr wahrscheinlich ist die Beurteilung in zwei, drei Jahren noch aktuell, während bei Roblox der Text, den wir jetzt gerade haben, der wahrscheinlich sehr aktuell ist, ist vielleicht nächstes oder übernächstes Jahr muss er komplett wieder überarbeitet werden. Also auch das ist eine Herausforderung bei solchen Spielen.

Moritz: Für euch dann, ja ich habe eine Idee, dürften wir dich so im Anfang Dezember noch mal einladen an unseren Podcast, und du gibst uns dann Tipps, welche Spiele zu dem Zeitpunkt sich vielleicht eignen, den Kindern zu Weihnachten zu schenken.

Linda Scholz: Ja, total gerne! Also, wir haben das auch mal eine Zeit lang gemacht, dann immer so Artikel. Welche Spiele sind da gerade interessant? Also ja, sehr gerne!

Moritz: Dann würde ich mich total freuen, wenn wir dich dann einfach noch mal wieder sehen dürfen, und für heute müssen wir uns dann leider schon aufgrund der Zeit von dir verabschieden. Die Zeit ist unglaublich schnell rumgegangen in diesem sehr lebhaften Gespräch. Vielen, vielen Dank für deine Gedanken und deine Einblicke in eure Arbeit.

Linda Scholz: Ja, vielen Dank für die Einladung. Mir hat es auch sehr viel Spaß gemacht, und hoffentlich bis zum nächsten Mal.

Moritz: Ja, und das wird ja dann im Dezember sein. Ich freue mich.

Ralf: Ich auch. Was haben wir sonst noch?

Moritz: Genau. Ich würde als Erstes gerne nochmal mit dir über unsere Online-Veranstaltung sprechen.

Ralf: Die war ja auch stimmt.

Moritz: Letzte Woche haben wir beide von der Webcam gesessen, in sehr schönen schwarzen Sesseln, und das Publikum wurde dazu geschaltet und konnte dann im Chat mit uns in den Dialog treten.

Ralf: Was denkst du generell über die Veranstaltung?

Moritz: Also, das hat Spaß gemacht, also mir hat es viel Spaß gemacht. Ich glaube, dass es auch sehr unterhaltsam war, zumindest wurde mir das so zurückgemeldet. Im Nachhinein muss ich aber sagen, wir waren doch zu sehr Podcast und zu wenig Online-Veranstaltung. Also es waren doch sehr viele Passagen dabei, wo wir dann im Prinzip genauso wie im Podcast da gelabert haben und gelabert und gelabert, und das Publikum ist über den Chat dann nicht so beteiligt worden, wie man es vielleicht hätte machen können. Da sollten wir beim nächsten Mal etwas mutiger sein und dann doch öfter so das Publikum dann auch ganz deutlich mit einbeziehen. Genau.

Ralf: Haben wir sonst noch was?

Moritz: Ja und zwar haben wir bei der letzten Folge über den Kaninchenlocheffekt gesprochen.

Ralf: Stimmt.

Moritz: Das habe ich mir hier noch notiert, und wir haben das letzte Mal nicht wirklich erklärt, was das ist, sondern nur so ganz kurz angeteasert. Aber im Prinzip ist der Begriff zurückzuführen auf Rabbithole, also Kaninchenbau, und das ganze bezieht sich erst einmal auf Alice im Wunderland, kannst du dich erinnern?

Ralf: Ja, im Traum ist ihr das irgendwie passiert, dass ihr in so einen Kaninchenbau steigt, und...

Moritz: Sie folgt einem weißen Kaninchen..

Ralf: Und landet dann in einer ganz verrückten Welt, irgendwie fernab von Realität.

Moritz: Genau immer weiter wird sie im Prinzip dann in diesen Kaninchenbau reingezogen, oder sie folgt diesem Kaninchen.

Ralf: Ich hatte auch eine Schülerin, die den Ausdruck tatsächlich auch so in Bezug auf TikTok nannte.

Moritz: Ja, und in dem Zusammenhang ist es so gemeint, dass du mit einem ganz bestimmten Video startest auf TikTok, und dann weiß der Algorithmus, was du als Nächstes sehen möchtest, ohne dass du selber weißt und bekommst immer ein Video nach dem nächsten, was dazu führt, dass du dann von der ursprünglichen Idee, vielleicht nur ein Video zu gucken, wegkommst oder auch von einer bestimmten Fragestellung, zu der du dir ein Video gesucht hast. Und das gibt's natürlich nicht nur auf TikTok, sondern natürlich auch auf Facebook und Instagram, was jetzt Gegenstand dieses Verfahrens der Europäischen Union ist, über das wir da zu sprechen kamen, und im Prinzip gab es das auch schon bei Verkaufsplattformen, wo es dann hieß, Leute, die das gekauft haben, haben auch das gekauft, sodass man dann auch von einem Thema zum nächsten kam.

Ralf: Wobei der Effekt jetzt ja nicht so neu ist. Also das ist ja bei Büchern ähnlich, dass du noch ein Kapitel lesen willst und am Ende dann doch zwei oder drei abends liest.

Moritz: Ich weiß gar nicht, ob man das so vergleichen kann, wie es früher war mit den Büchern.

Ralf: Klingt ein bisschen nach unserer Rubrik "Früher war alles besser".

Moritz: Ja, gehen wir dem nach.

INTRO: Früher war alles besser

Moritz: Ich glaube, ich würde gar nicht jetzt bei Büchern anfangen wollen in der Überlegung, früher war alles besser, sondern vielleicht einfach beim Fernsehprogramm der Neunziger, bei MTV oder VIVA konntest du überlegen, was willst du gucken? Aber letztendlich wurden dir dann faktisch auch nur zwei unterschiedliche Musikvideos angeboten. Einmal auf VIVA einmal auf MTV. Aber das heißt, du musstest auswählen zwischen dem, was dir angeboten wurde, und damit, weil sie nicht genau wussten, wer sitzt da jetzt vorm Fernseher, war dieser, dieser dieser Kaninchenloch-Effekt sehr, sehr schwer individuell anpassbar.

Ralf: Ja, du konntest ja auch eine Serie nur dann gucken, wenn sie kam. Du konntest ja jetzt nicht noch eine Folge gucken, wie heute.

Moritz: Genau Netflix, denke ich, hat auch unter Umständen so ein Kaninchenloch-Effekt, dass du sagst, du wolltest eigentlich, weiß gar nicht, was du machen sollst, und dann wird dir eine bestimmte Serie vorgeschlagen, du guckst du gleich zehn Staffeln. Die nächste Stufe wäre dann so in den Nullerjahren oder Anfang zehner Jahren mit im Prinzip YouTube, wo du die Möglichkeit hattest, dann komplett auszuwählen zwischen faktisch allen Musikvideos, die es auf der Welt gibt. Das heißt, du warst dann auf einmal dein eigener Senderdirektor oder Sendedirektorin, indem du gesagt hast, ich möchte jetzt das und das gucken, und du musst nicht warten, bis das zufälligerweise im Fernsehen kommt, sondern du konntest dir dein Programm selber zusammenstellen. Und die dritte Stufe wäre dann, wenn man das jetzt so von Musikvideos ausgeht, wäre dann im Prinzip das, was wir jetzt haben, dass der Algorithmus dich vielleicht sogar besser kennt als du selber, dass man dann denkt, ach geil, du wärst nie auf die Idee gekommen, jetzt diesen Sog zu hören. Aber das ist eine echte Bereicherung, dass jetzt dieser Song kommt, und dann hörst du dir den an, oder es kommt dann das Video, wo du denkst, ich wäre nie auf die Idee gekommen, diesen Künstler oder diese Künstlerin oder diesen Comedian zu suchen, und er wird mir jetzt aber vorgeschlagen, und deshalb investiere ich dann noch mal zehn Sekunden und guck mir das auf TikTok auch noch an, sodass es dann der Punkt, wo dann du sehr, also diese Sendedirektion, die entscheidet, was dir gezeigt wird, ist, komplett individuell auf dich zugeschnitten, und dadurch ergibt sich unter Umständen dann dieser Kaninchenloch-Effekt, wo du dann schwer aussteigen kannst.

Ralf: Ja, ich überlege grade. Ist das vielleicht ja nicht nur schlecht, wenn der Algorithmus...?

Moritz: Nee, nee, genau, und ich glaube, dass der Kaninchenloch-Effekt. Der taucht eigentlich immer sehr defizitär auf, dass man sagt, das ist eigentlich ein Problem, und ich glaube, dass es faktisch auch ein Problem sein kann. Aber erst mal geht es um Unterhaltung, und Unterhaltung ist ja dann gut, wenn sie dir gefällt, und wenn jetzt TikTok dir ein Video zeigt, was dir gefällt, dann ist das ja erst mal eine Errungenschaft. Also man würde ja nicht sagen, es war viel besser, als es nur ein Fernsehprogramm gab und du von lauter Langeweile dann halt kein Fernsehen mehr geguckt hast oder so. Das ist nicht nur schlecht!

OUTRO: Früher war alles besser

Ralf: Wir sind ja auf den Begriff gekommen, weil du in der letzten Sendung erzählt hast, dass die EU ein Verfahren gegen Facebook und Instagram angestrebt hat, eingeleitet hat, wo es halt darum ging, dass die befürchten, dass dieser Algorithmus bei Kindern Suchtverhalten auslöst, oder?

Moritz: Ja, und ich bin total gespannt, wie das ausgeht. Dieses Verfahren, weil ich glaube nicht, dass es ein vergleichbares Verfahren schon mal gegeben hat wegen letztendlich so einer Verhaltenssucht und Social Mediamedia. Zumindest wüsste ich das nicht. Und ich glaube, dass erst mal klar ist, dass es eine Riesenherausforderung ist, für alle Beteiligten, für Eltern, für Kinder, eben nicht letztendlich da in dieses Kaninchenloch sich so rein saugen zu lassen, dass man da nicht mehr rauskommt, sondern dass einem klar sein muss, dass die App oder die Anbieter in dem Fall Geld damit verdienen, je länger ich da online bleibe.

Ralf: Zeit ist Geld.

Moritz: Zeit ist zumindest eine endliche Ressource, sodass man schon lernen muss, mit Zeit hauszuhalten, so wie man das mit Geld ja auch lernen muss. Also jetzt nicht geizig sein, sondern Haushalten zu sagen, ich habe jetzt nicht den ganzen Tag Zeit, meinetwegen bei Spotify alle tollen Lieder anzuhören oder einem anderen Musikstreamingdienst, die ich meinem Leben lang schon mal hören wollte, und das ist auch wieder ein Beispiel, tatsächlich für Selbstregulierung, also dass Menschen sich selber regulieren können müssen. Obwohl da Dienste wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren noch immer spannender werden.

Ralf: Haben wir in der Online-Veranstaltung auch nochmal drüber gesprochen.

Moritz: Genau in der Diskussion um Sucht. Auch dazu sollten wir vielleicht im Herbst mal eine Folge machen.

Ralf: Auf jeden Fall.

Moritz: Also zum Thema Medienabhängigkeit, am besten mit jemandem, der oder die in einer Beratungsstelle zu diesem Bereich vielleicht tätig ist. Das wird ein spannender Herbst. Wir haben viel zu tun, weil die Roblox-Folge, die wartet auch noch, die müssen wir auch noch machen.

Ralf: Dann müssten wir jetzt eigentlich nur noch eine Folge zum Weiterhören empfehlen und uns in die Sommerpause verabschieden.

Moritz: Dann möchte ich das gerne übernehmen. Wir hatten überlegt, zum Weiterhören die Folge 23 zu empfehlen. Müssen Eltern wissen, mit wem Kinder online spielen, also passend zum inhaltlichen, was wir heute diskutiert haben, dann noch mit wem Kinder da spielen. Die nächste Folge erscheint erst am 26. August 2024, das heißt, bis zum 26. August 2024 wird man jetzt nichts von uns hören, es sei denn, uns brennt irgendwas unter Nägeln. Wir müssen schnell zwischendurch eine kleine Folge produzieren, aber geplant ist erst mal Pause bis 26. August 2024.

Ralf: Von daher wünschen wir einen schönen Sommer, freuen uns auch dieses Mal wieder über Rückmeldungen an podcast@smiley-ev.de oder bei Instagram und Facebook.

Moritz: Tschüss


Spenden | häufige Fragen | Impressum
Datenschutz | Kontakt