Podcast

Folge 36: Was ist eigentlich TikTok? Skript

Moritz Becker und Ralf Willius reden im Podcast oft über TikTok und setzen dabei vielleicht zu viel Wissen über diese App bei Eltern und Fachkräften voraus. Das ändert sich heute mit einer neuen Folge der Rubrik „Was ist eigentlich …?“ zum Thema TikTok.

Am Ende wird über die Suchmaschine Ecosia gesprochen und wie durch ecosieren Bäume gepflanzt werden.

Moritz: Wir reden in unserem Podcast immer so selbstverständlich von TikTok, haben aber nie so richtig erklärt, was TikTok ist, und das holen wir heute nach.

Ralf: Hallo und herzlich willkommen zu "Was mit Medienerziehung", dem Podcast von smiley e.V.. Mein Name ist Ralf Willius.

Moritz: Mein Name ist Moritz Becker.

Ralf: Der Verein smiley e.V. bietet in ganz Norddeutschland Schulworkshops an. Dabei geht es um einen sinnvollen Umgang mit Social Media. Darüber hinaus bieten wir deutschlandweit Elternabende und Vorträge und Fortbildungen für Fachkräfte an. Da geht es dann um Medienerziehung. In diesem Podcast wollen wir all die Dinge, die uns im Alltag begegnen, reflektieren und diskutieren. Heute ist Montag, der fünfte Februar, und das ist unsere sechsunddreißigste Folge. Hallo Moritz!

Moritz: Hallo Ralf!

Ralf: Gibt’s Rückmeldungen zur letzten Folge oder denen davor, vielleicht?
Moritz: Zur letzten Folge habe ich von verschiedenen Eltern und Lehrkräften gehört oder auch von einem Kind, dass es, wir haben gesprochen über Handy-Bettchen.

Ralf: Genau

Moritz: Das heißt, dass man so kleine Betten baut für die Handys, die dann ritualhaft die Handys schlafen gelegt werden, beispielsweise wenn der Unterricht in der Schule losgeht, oder dann vielleicht auch nachmittags bei den Hausaufgaben. Es gibt Schulklassen, die haben Handy-Garagen, also wo die Handys dann reingelegt werden, vielleicht auch gelegt werden müssen. Oder Handy-Hotel war auch so eine Formulierung, die ich gehört habe, die auch im Prinzip darauf basieren, zu Unterrichtsbeginn die Handys wegzulegen. Das, was ich so charmant fand an diesem Bettchen, war so dieser liebevolle Zugang im Sinne von: Diese Handys sind halt auch eine tolle Sache, und deshalb haben die auch ein schönes Handy- Bettchen verdient. Und jetzt kann ich mich voll und ganz um den Unterricht kümmern, und da finde ich, sollten das nicht einfach nur so Fächer sein. Das ist nicht der Gedanke, den ich in diesem Handy-Bettchen so charmant fand. Also wenn es ein Handy -Hotel ist, dann muss das auch eins sein, was wirklich ein richtig schönes Hotel ist, mit schön gestalteten Zimmern.

Ralf: Laut Statistik war das übrigens eine der meist gehörten Folgen, auf jeden Fall in so kurzer Zeit.

Moritz: Ja, das habe ich auch gesehen, habe ich mich gefreut und hab drüber nachgedacht, woran das lag, und ich habe überlegt, vielleicht weil wir sowohl so ein bisschen drüber nachgedacht haben, wie kann eine Lehrerin oder Lehrer da ritualhaft in der Schule ansetzen, sodass vielleicht Fachkräfte sich das untereinander weitererzählt haben, dass diese Folge gibt, und zum anderen natürlich auch Eltern zu überlegen, wie kann ich so ritualhaft Zuhause so Dinge einbetten in den Alltag, dass da Ablenkung weniger stattfindet? Und da hab ich nochmal drüber nachgedacht. Fachkräfte muss man hier eigentlich sietzen, so, oder also? Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen duzen sich immer, wenn ich, wenn ich Fortbildungen in Schulen mache, Lehrkräfte, obwohl ich, eigentlich duze ich die auch, ich weiß es gar nicht.

Ralf: Also, ich habe, glaube ich, das letzte Mal auf jeden Fall gesiezt, unser Publikum.

Moritz: Hier in unserem Podcast.

Ralf: Ja.

Moritz: Du hast gesietzt?

Ralf: Ja. Wobei, eigentlich vermeide ich das so ein bisschen. Tatsächlich.

Moritz: Also, ich finde, so unter uns Podcaster und Podcasterinnen und Podcasthörerinnen und Podcasthörern, könnte man auch darüber sagen, ob wir nicht eigentlich dann auch modern sein sollten, und PodcasthörerInnen sagen, ich glaube, wir vertagen das einfach.

Ralf: Ich mache mir mal ein paar Gedanken dazu,

Moritz: Ob du oder Sie

Ralf: Okay, dann hast du doch bestimmt ein Thema mitgebracht für heute.

Moritz: Wir reden in unserem Podcast immer so selbstverständlich von TikTok, haben aber nie so richtig erklärt, was TikTok ist, und das holen wir heute nach.

Intro: Was ist eigentlich TikTok

Moritz: Wir haben Schülerinnen und Schüler gefragt, und das wurde uns dazu erzählt.

O-Töne Schülerinnen und Schüler: TikTok ist eine App, wo man kleine Videos gucken kann, kommt sehr viel Neues. Da kann man viele Sachen posten, aber auch selber Sachen anschauen und schreiben. Es werden eigentlich alle Interessen getroffen. Auf TikTok kann man nur sehr kurz Videos hochladen. Da gibt es halt eine Seite für Foryou-Page, eine Seite für deine Freunde. Wenn man eine gute sieht, dann guckt man immer weiter, und wenn man eine langweilige sieht, dann wischt man so nach unten und guckt ein anderes. Es gibt auch viel Werbung. Da kann man auch Sachen lernen. Es nutzen sehr viele Jugendliche, und also ich würde auch schon sagen, so bestimmt auch welche in der fünften Klasse oder so.

Moritz: Soweit vielleicht erst mal. Ich möchte gleich auf einzelne Aussagen der Mädchen und Jungen nochmal eingehen. Vielleicht erst mal so etwas wie die harten Fakten, wer eigentlich hinter TikTok steckt. Und zwar ist das die Firma ByteDance, ein chinesisches Unternehmen, was insofern interessant ist, dass die meisten anderen Social Media-Plattformen von amerikanischen Unternehmen betrieben werden. Das heißt, Instagram, Facebook und WhatsApp gehören zum Meta-Konzern, YouTube gehört mit zu Alphabet beziehungsweise Google, und da ist TikTok gewisserweise eine Ausnahme.

Ralf: Ganz lustig, weil die letzte Ausnahme, die wir hatten, war BeReal, da haben wir auch eine Folge zu gemacht, und die kommen aus Frankreich.

Moritz: Vielleicht verändert sich da was, dass auch außerhalb der USA mittlerweile Social Media-Plattformen entwickelt werden, die erfolgreich sein können. Wobei man ganz klar sagen muss, bei allen Bedenken, die man immer hatte im Hinblick auf Datenschutz, ist China da sicherlich nicht das Land, wo man sagen kann, Gott sei Dankmal nicht USA. Und da würde ich mir auch gleich gerne noch ein paar Gedanken mit dir zu machen zum Thema Datenschutz. Zur Firma Bytedance, ist vielleicht so viel zu sagen. Die haben damals Musically übernommen, im Prinzip. 2017 haben sie es gekauft und 2018 dann mit TikTok zusammengeführt. Kannst du dich erinnern an Musically?

Ralf: Auf jeden Fall. Das war eine Plattform, wo man so lipsyncs gemacht hat, glaube ich noch.

Moritz: Und im Prinzip ist TikTok kommt auch aus der Tradition.

Ralf: Also so eine Art Karaoke.

Moritz: Genau. Es wird Musik abgespielt, und du tanzt dazu oder bewegst die Lippen dazu. Und da waren bei Musically damals Lisa und Lena die ersten wirklich sehr erfolgreichen Influencerinnen.

Ralf: Lisa und Lena, Zwillinge aus Baden Würtenberg, die relativ jung, ich glaube mit zwölf, 13 Jahren angefangen haben, bei Musically, später bei TikTok und Instagram, in relativ kurzer Zeit sehr, sehr viele Abonnenten durch genau dieses Videos bekommen haben.

Moritz: Genau. Und das ist das, also TikTokerinnen oder TikToker sind Menschen, die im Prinzip TikTok nutzen als ihre Plattform, um dort Menschen mit in erster Linie Unterhaltungsvideos zu versorgen eigentlich. TikTok wurde die, so heißt es im Prinzip weltweit größte Playback-Video-Gemeinde, wobei man ganz klar sagen muss, mittlerweile ein ganz großer Teil der Videos sind keine Playback-Videos, sondern sind Sketche, unter Umständen auch Tutorials. Auch zum großen Teil, da werden wir später auch noch darauf zu sprechen kommen, Videos mit durchaus politischen Inhalten. Ganz kurz, vielleicht noch ein paar Zahlen. Man geht von einem Börsenwert von 225 Milliarden Dollar aus. Von ByteDance und das ist insofern ganz interessant, weil es das wertvollste nicht börsennotierte Unternehmen der Welt zumindest stand jetzt. Und je nach Quelle geht man von ungefähr einer Milliarde Nutzerinnen und Nutzer aus.

Ralf: Ist das viel?

Moritz: Das ist insofern schon viel, wenn man davon ausgeht, dass Instagram hier nach Quelle zwischen anderthalb und 2 Milliarden Nutzerinnen und Nutzer hat, und da kommt dann im Prinzip unmittelbar auch TikTok und Snapchat beispielsweise ist ja nicht so relevant wie TikTok mittlerweile, und es ist natürlich immer schwer. Was vergleichst du mit was? Also würdest du jetzt sagen, WhatsApp ist ein Social Media-Tool oder ist WhatsApp ein Messenger, was ist Snapchat und so weiter und so weiter? Aber man kann ganz klar sagen, dass TikTok auf jeden Fall zu den ganz wichtigen Social Media-Plattformen mittlerweile gehört und da auch noch relativ jung ist, im Vergleich zu Instagram oder YouTube, die ja einfach schon viel länger am Markt sind.

Ralf: Okay

Moritz: Die Schülerinnen und Schüler haben erwähnt, dass die Videos sehr kurz sind, und das ist tatsächlich das Besondere an TikTok, dass TikTok gestartet ist als ja, im Prinzip kann man sagen, als wirklich dann relevante Videoplattform, wo die Videos dann zum großen Teil wirklich nur wenige Sekunden lang waren. Mittlerweile können die Videos zwar theoretisch zehn Minuten lang sein, wird aber in der Regel kaum genutzt. Ich habe mal ein bisschen recherchiert, und im Marketing wird empfohlen, dass ein Video am erfolgreichsten ist, wenn es eine Länge zwischen neun und 15 Sekunden hat, da erreicht man die meisten Nutzerinnen und Nutzer, und wenn die Videos länger sind, fand ich auch interessant, dann sollten die Sequenzen, aus denen so ein Video besteht, idealerweise auch maximal 15 Sekunden lang sein.

Ralf: Was macht das mit der Aufmerksamkeitspanne, überlege ich gerade. Von Menschen, die das gucken.

Moritz: Ja, ich denke schon, dass das Einfluss hat. Wenn jetzt beispielsweise Kinder oder Jugendliche mit dieser Schnittlänge, wenn man so will, groß werden, und das merkt man natürlich auch ein bisschen an sich selber. Wenn du dir Spielfilme anguckst aus den 60er-Jahren oder so, dann wirken die manchmal extrem langatmig.

Ralf: Weil es so lange Szenen sind, nicht so viel geschnitten wird wie in modernen.

Moritz: Genau das heißt mit den Firmen, mit denen wir groß geworden sind. Das ist so die Schnittgeschwindigkeit, die uns ideal erscheint, und ich hab da schon auch manchmal von Schülerinnen und Schülern gehört, dass sie gesagt haben, so viele YouTube-Videos sind echt langweilig, weil die dann doch wahrscheinlich auch aus deren Perspektive als TikTok-Generation wieder langatmig geschnitten sind. Die Frage ist, ob das wirklich schlimm ist. Das ist halt ganz schwer zu beurteilen. Ich glaube, schlimm ist es dann, wenn von Menschen erwartet wird, dass sie jetzt auch irgendwelche Inhalte "ertragen", wo die Sequenzen länger sind, und von daher sollte idealerweise ein Mensch vielleicht auch beides lieben lernen, also nicht ausschließlich tatsächlich so eine sehr rasante Form der Kommunikation, aber finde ich einen interessanten Punkt, darüber nachzudenken.

Ralf: Wobei mir kommt da gerade das Zitat, was du, ich glaube, vor zwei oder drei Folgen vorgelesen hast, wie der Spiegel über Viva gesprochen hat, mit den schnellen Schnitten.
Moritz: Stimmt. Ja, ja, und das war sicherlich in den 90er-Jahren waren Musikvideos für Menschen, die damals 40, 50 waren, schnell geschnitten. Aus heutiger Sicht würde man sagen, ganz normal. Von daher bin ich da sehr vorsichtig, das zu problematisieren, also jetzt zu sagen, das ist ein Problem, dass die Sequenzen so kurz sind. Ich kann mir vorstellen, dass es schwieriger ist, komplexe Sachverhalte in 15 Sekunden unterzubringen, und dass du dann unter Umständen genötigt bist, als Medienschaffender oder Medienschaffende dann doch sehr verkürzt zu argumentieren. Dass da manche Sachen dann doch sehr oberflächlich werden, also, das kann ich mir schon vorstellen, ist aber ein Punkt, über den man durchaus nachdenken sollte. Vielleicht noch zwei, drei andere Dinge. Du kannst die Videos, die du dann hochlädst, mit Hashtags versehen.

Ralf: Ganz kurz - Hashtags - vielleicht für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer zwei Sätze. Was sind Hashtags

Moritz: Ja Schlagworte? Du bist aber wirklich sehr präzise heute, finde ich gut. Twitter hat Hashtags erfunden. Genau das ist Raute und irgendein Begriff dahinter, und nachdem kann ich dann suchen. Das heißt, wenn ich jetzt ein Video hochgeladen habe zum Thema Medienerziehung, dann schreibe ich als Hashtag Medienerziehung dazu, und alle Menschen, die sich für den Hashtag Medienerziehung interessieren, finden den. Das ist insofern wichtig, weil das natürlich dann auch Challenges in der Form ermöglicht, kommen wir später noch drauf zu sprechen, dass ich dann meinetwegen sage, die, und die Challenge ist jetzt interessant für mich, und dann beteilige ich mich über diesen Hashtag.

Ralf: Vielleicht nochmal ganz kurz zur Firma Bytedance. Die ist ja durchaus umstritten, hinsichtlich Datenschutz beziehungsweise Spionage, aber auch Zensur und Jugendschutz, der halt nicht, ich sage mal so, den westlichen Standards entspricht, wie wir es gewohnt sind.

Moritz: Also als ich geguckt habe, wie relevant TikTok wirklich ist, ist mir aufgefallen, dass innerhalb von China TikTok gar nicht so bedeutend ist, sondern es ist tatsächlich viel mehr außerhalb von China genutzte Plattform, und da gibt es immer wieder so den Vorwurf oder den Verdacht, dass es letztendlich dann doch irgendwie auch das Ziel ist, da Spionage zu betreiben, also außerhalb von China Menschen in irgendeiner Form zu profilieren. Die Trennung zwischen Firmen in China und staatlichen Institutionen ist halt nicht das, was man in den westlichen Standards so hat, und auch der ganze Bereich, wenn du Zensur ansprichst, hat TikTok beispielsweise an verschiedenen Stellen ja, wie soll ich das erklären? Also zum Beispiel haben also, Homosexualität ist in vielen Ländern auf der Welt verboten, und da hat TikTok dann einfach gesagt: Okay, das heißt, alle Videos, die mit Homosexualität zu tun haben, werden dann entsprechend gesperrt, und jetzt ist aber in westlichen Ländern oder in vielen Ländern der Welt, wo Homosexualität nicht verboten ist, das natürlich absolut diskriminierend. Gleichzeitig ist es so, dass der Algorithmus dann seinen Teil dazu beiträgt, dass also TikTok eigentlich keine echte Redaktion hat, so im Sinne von, wir entscheiden jetzt, welches Video wem angezeigt wird, sondern der Algorithmus, der auch absolut genial ist, also dass das, was in den, in den, in den Zitaten der Schülerinnen und Schülern ja auch drinsteckt, dass das halt wirklich spannend ist, was du siehst, das funktioniert bei TikTok mit den kurzen Videos eben besonders gut, weil du jetzt in einer Stunde beispielsweise, ich weiß jetzt nicht, wie viel Videos man in einer Stunde gucken kann, aber auch mit jedem Video, so wie der Junge das beschrieben hat, was langweilig ist, und du wischt es einfach weg, teilst du TikTok mit, wofür du dich interessierst beziehungsweise wofür du dich nicht interessierst.

Ralf: Das ist ja bei YouTube viel schwieriger, in so nem 30 Minuten Video rauszufinden, wo, wo viel geguckt wird oder was interessant wird, warum geguckt wird. Das ist ja in so nem Video...

Moritz: Da brauchst du also, wenn ein durchschnittliches YouTube Video drei Minuten lang ist oder vier Minuten, dann ist es viel schwieriger, die Menschen vorm Bildschirm kennenzulernen, als wenn das wirklich so ganz kurze Schnipsel sind, und ich glaube auch anders als im klassischen Instagram, wo du nur Bilder so durchscrollst. Das ist sehr schwer zu sagen, welche Bilder haben die Leute jetzt wirklich interessiert, weil du eh nur scrollst, aber bei den Videos wirklich in dem Moment, wo du es abbrichst, ist klar, interessiert dich nicht. Wenn es dich interessiert, dann kriegst du mehr aus dieser Richtung. Und wenn jetzt beispielsweise Leute sagen, ich möchte keine unschönen Sachen, Videos, also unschöne Sachen machen ziehen, dann entscheidet der Algorithmus nicht von sich aus, was schön oder hässlich ist, sondern es entsteht halt so ein gewisser Mainstream, wo dann unter Umständen Minderheiten auch weniger stattfinden. Und da hat TikTok dann immer mehr oder weniger gesagt, so, naja, das machen wir nicht aktiv, das sind Fehler im Algorithmus und so weiter und so weiter. Aber es gab verschiedene Journalistinnen und Journalisten, die nachweisen konnten, dass dort eben beispielsweise Menschen mit Behinderung viel weniger auftauchten als so das, was so generell als normal gilt. Das ist halt ein Punkt, wo dann ja schwer zu sagen ist, ob da nicht doch irgendwie indirekt eine Form von Redaktion dahinter steckt und dann Einfluss geltend gemacht wird, den man eigentlich so vielleicht gar nicht haben will, und das, was Datenschutz angeht, versucht TikTok so ein bisschen so die Bedenken zu zerstreuen, zumindest je nachdem, wo du guckst und was du liebst, das beispielsweise ein Großteil der Entwicklung jetzt in Kalifornien stattfindet, und in Frankreich darf beispielsweise TikTok auf dienstlichen Mobiltelefon von Menschen, die in Ministerien oder öffentlichen Ämtern arbeiten, die dürfen es gar nicht benutzen. Das ist schon, also nicht unproblematisch, würde ich ganz klar sagen.

Ralf: Okay.

Moritz: Und Zielgruppe, sagt die eine Schülerin ja auch klar sind Jugendliche

Ralf: Aber schon ab der fünften

Moritz: Aber eben auch Kinder ab der fünften Klasse. Die Finanzierung erfolgt durch Werbung, wurde auch gesagt. Werbung. Du kannst im Prinzip so so Geschenke kaufen, die du dann deinen Stars oder oder Influencer und Influencern beispielsweise bei Livestreams schenken kannst. Das heißt das sind In-App-Käufe und es gibt Effekte und Filter bei der Erstellung von Videos, die dann auch kostenpflichtig sind. Und wie gesagt, auch hier, die Datenverwertung bei TikTok ist sehr intransparent, das heißt, sie werden auch unter Umständen Geld verdienen mit den Daten, und das ist tatsächlich alles nicht so, also nicht so ohne weiteres recherchierbar.

Ralf: Okay, vielleicht noch zur Struktur. Wenn ich TikTok starte, lande ich auf der "ForYou-Page". Das ist das, was du gerade beschrieben hast, dieser Algorithmus, und dann gibt es noch "Folge ich" heißt das glaube ich, wo dann mir die angezeigt werden...

Moritz: Genau der eine Junge hat es ja sehr treffend beschrieben,

Ralf: Genau die, die ich aktiv dann abonniert habe, sozusagen, und dann wird mir dort halt dann nur von den Leuten was angezeigt, die ich wirklich sehen will

Moritz: Und da hat, das habe ich, glaube ich, auch schon hier im Podcast irgendwann mal erwähnt, eine Mutter mir gesagt, sie hätte ihren Sohn über die Schulter geblickt und wäre total erschrocken, was da für schreckliche Videos kommen, irgendwie nur Verkehrsunfälle und Tierquälerei. Da muss man sagen, okay, in diesem Fall bildet das nicht das tatsächliche Medienangebot von TikTok ab, sondern eher so die Interessen des Kindes, das heißt die, wenn das Kind sich eben vermeintlich für Autounfälle und entsprechende Sachen interessiert, dann spült in der "ForYou-Ansicht" der Algorithmus genau solche Videos da rein, und ich würde vorschlagen, wir hören uns die nächsten Aussagen der Schülerinnen und Schüler mal an, weil die haben auch genau zu diesem Punkt einiges zu erzählen.

Ralf: Okay

O-Töne Schülerinnen und Schüler: Es gibt auch nicht so schöne Sachen. Es gibt sehr viele Bilder auch, die dann hochgeladen werden mit einer Überschrift zum Beispiel: "Ukraine total zerstört", und dann werden auch tatsächlich irgendwelche Menschen gezeigt, die leiden, und das ist auch teilweise ziemlich blutige Bilder. Es gibt auch Videos, die jetzt nicht so jugendfrei sind. Man muss halt aufpassen, was man guckt. Es gibt es auch Videos, die vielleicht gruselig sind für die Kinder, die können halt nicht nachts schlafen. Es gibt auch eine Altersbeschränkung. Wenn man vielleicht eingibt: Ukrainekrieg, weil man sich interessiert dafür, dann ist das dann ganz gut. Aber wenn man jetzt einfach so durch seine ForYou-Page scrollt, ist das vielleicht nicht ganz so schön anzusehen. Man muss ja auch aufpassen, was man guckt, weil das wird einem dann auch vorgeschlagen. Man kann sein TikTok resetten und dann kann man Leute folgen, was es sich merkt. Es können sicher auch welche als zwölfjährige ausgeben und dann halt zum Beispiel irgendwelche kleineren Kinder anschreiben.

Moritz: Äh ja, TikTok hat so ein bisschen so den Anschein, so eine niedliche Unterhaltungsplattform für Kinder zu sein, und aus Sicht von vielen Kindern ist es das wohl auch, finde ich ganz interessant, weil die Schülerinnen und Schüler, die wir gefragt haben, sind zum Teil Sechstklässlerinnen und Sechstklässler gewesen, die dann so ganz selbstverständlich über Kinder sprechen, wo ich so das Gefühl hatte, Moment, ihr seid doch selber Kinder! Und sie beschreiben dann aber, dass es für Kinder schrecklich sein kann, dort schreckliche Videos zu gucken, und wahrscheinlich meinen die sich ein Stück weit auch selber, ohne dass sie das uns jetzt so direkt gesagt haben. Aber ich glaube, dass tatsächlich wie der eine Schüler es beschrieb, dass du im Grunde genommen selber Verantwortung hast für das, was auf TikTok passiert, weil TikTok von dir lernt, also das heißt was, was der eine Schüler sagt, du musst aufpassen, was du guckst, weil sonst bekommst du ja noch mehr Videos davon, und der andere Schüler, der dann beschrieb im Hinblick auf Kriege, dass, wenn du dich dafür interessierst und suchst danach, dann ist das durchaus hilfreich. Aber gleichzeitig kann es eben passieren, dass du auf einmal konfrontiert wirst mit leidenden Menschen, wie er es beschrieben hat, und das, glaube ich, ist so ein ganz wichtiger Punkt, dass gerade diese ForYou- Page dazu führt, dass Kinder konfrontiert werden mit Sachen, mit denen sie eigentlich nicht konfrontiert werden wollten und es dann aber unglaublich schwierig ist, die Sachen ja zum einen nicht zu gucken, also weil aus so einem Schockmoment guckst du die dann unter Umständen doch an wie da Menschen leiden. Und auf der anderen Seite glaube ich, dass auch dann unterschwellig, unter Umständen ja sehr problematische Botschaften irgendwie verinnerlicht werden, dass da meinetwegen jemand den größtmöglichen Schwachsinn erzählt, und du wischst es aber einfach weg, und irgendwo unterschwellig, dann aber vielleicht doch auch beispielsweise rassistische Stereotypen oder sexistische oder also all diese Dinge dann auch sich manifestieren können.

Ralf: Und da ist ja vielleicht auch mit ein Problem, was wir schon beschrieben haben, gerade weil es so kurze Videos sind, bevor du gemerkt hast, dass also da ist ja schon ganz viel passiert,

Moritz: Stimmt, hast du es schon gesehen

Ralf: Hast du schon es gesehen, im Prinzip die Hälfte des Videos.

Moritz: Und die Faktencheck Organisation NewsGuard hat 540 Videos analysiert und hat festgestellt, dass 105 davon falsche oder irreführende Behauptungen enthielten, und ich weiß jetzt nicht genau, nach welchen Kriterien diese 540 Videos ausgewählt wurden. Also das wären jetzt nicht 540 Katzenvideos gewesen sein. Aber das heißt, die Problematik, dass dort tatsächlich eben viel Propaganda betrieben wird, Desinformation, liegt mehr oder weniger tatsächlich auf der Hand, und TikTok selber hat, sagt, dass die Fakten Checker oder Faktenprüfer beschäftigen, die entsprechende Videos entfernen, wie die das genau machen, nach welchen Kriterien? Was da alles so automatisiert passiert, ist auch da nicht so richtig transparent. Und dazu kommen natürlich dann die Kommentare zu den Videos, die zum Teil dann auch sexistisch, menschenverachtend oder in irgendeiner Form verletzend sind, und da hat TikTok mittlerweile das so konfiguriert, dass wenn du zwischen 13 und 16 Jahren alt bist, kannst du keine direkten Nachrichten von anderen Menschen empfangen, sodass sie versuchen, auf diese Weise technisch dann eben Kinder und Jugendliche oder so ein bisschen zu schützen.

Ralf: Wenn sie ihr richtiges Alter angeben?

Moritz: Ja, na klar, wenn sie ihr richtiges Alter angeben. Das wird auch da nicht wirklich überprüft. Laut Nutzungsbedingungen müssen Menschen 13 Jahre alt sein, die entsprechend TikTok nutzen, beziehungsweise auch die Vorgaben im Appstore sind zwölf. Das heißt also, zwölf oder 13 kann man jetzt drüber streiten, und ich würde ganz klar sagen, dass die Zielgruppe von TikTok aber jünger ist.

Ralf: Hat, macht auf mich auch den Eindruck.

Moritz: Wie das eine Mädchen ganz zu Anfang schon sagte, da sind auch natürlich in den fünften Klassen Kinder bei TikTok unterwegs. Die Jim Studie, also die Studie, über die wir auch schon öfter gesprochen haben, hier in unserem kleinen Podcast, beschreibt, dass die zwölf bis 13-jährigen zu 29 Prozent

Moritz: TikTok nutzen, das heißt also ungefähr ein Drittel. Die Zahlen sind in dem Fall von 2023, das heißt, ein Drittel der zwölf bis 13-jährigen nutzt TikTok, und da kann man davon ausgehen, dass zwischen zehn- und zwölfjährigen, da habe ich keine Zahlen zu finden können, wird sicherlich auch ein Viertel der Mädchen und Jungen mehr oder weniger regelmäßig TikTok nutzen.

Ralf: Stimmt, die Jim-Studie fragt ja erst ab zwölf. Genau?

Moritz: Übrigens sind Mädchen auch viel aktiver!

Ralf: Wobei wir von aktiv eher reden im Sinne von nutzen, weil ich glaube, in erster Linie gucken die aber, oder?

Moritz: Also nutzen? Ja. Ich glaube auch, dass je jünger die Kinder sind, desto häufiger kannst du davon ausgehen, dass sie nur Videos angucken. Videos also selber generieren und hochladen, sind dann eher älter.

Ralf: Kannst du noch zwei, drei Sätze sagen zu dem, was da so an Videos erstellt wird? Was ist da das angesagte?

Moritz: Ja, ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Die eine Schülerin sagt in unseren O-Tönen, dass man irgendwie von Menschen angeschrieben wird, die sich als jüngere ausgeben, und das ist im Prinzip, kann man sagen, im Internet immer so, dass da, wo Kinder und Jugendliche sind, sind auch besonders häufig problematische Erwachsene, die dann im Bereich Cybergrooming versuchen, sexuelle Kontakte aufzunehmen oder anzubahnen zu Kindern oder sie sexuell auszubeuten. Und da ist bei TikTok ein ganz wichtiger Punkt, was du gerade ansprichst, dass nach wie vor viele Tanzvideos dort eingestellt werden, wo dann Kinder, das liegt in der Natur der Sache, sehr, sich sehr körperbetont darstellen, und das motiviert unter Umständen dann eher, sagen wir mal, diese problematische Kontaktanbahnung, wenn es halt anders als Leute, die dann auf youtube irgendwelche Roomtour machen oder so ein Kram

Ralf: Oder auf Insta Selfies posten

Moritz: Oder so, Selfies, wobei, das geht dann schon in die Richtung. Aber diese körperbetonten Tanzvideos sind wohl ganz besonders, werden oft als Einladung verstanden, hier dann in irgendeiner Form ja zum einen sexistisch zu beleidigen und zum anderen aber dann natürlich auch entsprechend ungewünschte Kontakte aufzunehmen. Und das ist, denke ich, ein Punkt, der bei TikTok relevanter ist als bei anderen Plattformen.

Ralf: Also grundsätzlich gilt ja wie für andere Bereiche in Social Media auch, dass dort unter Umständen sehr unrealistische Schönheitsideale dadurch auch geprägt werden, allein durch die Filter und durch das sehr körperbetonte unter Umständen.

Moritz: Also ich glaube, dass man sagen kann, an vielen Stellen ist TikTok nicht schlechter oder besser oder so als andere Bereiche des Internets. Das heißt, du hast also verschiedene Jugendgefährdungen treten da dann ganz genau so auf. Also da wäre zum Beispiel auch dieser Punkt der Challenges zu nennen, was wir ganz zu Anfang auch schon angesprochen haben im Hinblick auf Hashtags.

Ralf: Was sind Challenges? Vielleicht noch da n kurzen Satz zu.

Moritz: Ja, vielleicht verweise ich auf die, ich glaube, die zehnte Folge, habe ich mir notiert, die zehnte Folge von unserem Podcast zum Thema Umgang mit Challenges. Challenges basieren im Prinzip darauf, dass ich irgendwas Spektakuläres mache und motiviere, dass andere Leute das auch machen, und da will ich noch krasser sein und nehme noch entsprechend krasseres Video auf. Das ist auch ein Prinzip, ist da auch TikTok eine Plattform, wo entsprechende Challanges stattfinden. Ich habe noch mehr O-Töne von Schülern.

Ralf: Moritz, bevor wir noch mehr O-Töne hören, ich überlege gerade, ob es für Eltern jetzt gerade sehr schwer ist, das auszuhalten, keine Lösung präsentiert zu bekommen, also wie kann ich mich schützen.

Moritz: Stimmt. Ich hoffe auch nicht, dass wir jetzt so sehr destruktiv klingen oder sehr kritisch in unserer Beurteilung.

Ralf: Also, man hat ja Möglichkeiten, sich zu schützen, zum Beispiel, vielleicht können wir da ja nochmal drauf eingehen.

Moritz: Im Prinzip auch, da kann man sagen, klassisch wie in anderen Social Media Plattformen auch, du kannst andere Nutzerinnen und Nutzer melden, wenn sie dich in irgendeiner Form belästigen, oder wenn du ein Video problematisch findest, kannst du das Video entsprechend melden, du kannst andere sperren, dass sie keinen Kontakt mehr zu dir aufnehmen können. Und ganz wichtig finde ich das, was auch in den Aussagen der Schülerinnen und Schülern kam, dass, wenn du da jetzt dummerweise meinetwegen irgendwelche blöden Videos geguckt hast, und der Algorithmus liefert dir ständig blöde Videos, dann kannst du bei diesen Videos, die dir nicht gefallen, kannst du angeben, interessiert mich nicht mehr oder interessiert mich nicht oder so. Und auf die Weise lernt der Algorithmus, okay, das möchtest du nicht haben. Und ich finde, das ist eine ganz, ganz wichtige Funktion, die Kinder auch kennen sollten, oder entsprechend auch Eltern, dass man sagt, wenn der Algorithmus dann so ein Stück weit versaut ist, weil einem dauernd irgendwelche schockierenden Kriegsvideos gezeigt werden, dann muss sich tatsächlich einfach mir die Mühe machen, zu sagen, interessiert mich nicht in der Hoffnung, dass mir die dann nicht mehr angezeigt werden.

Ralf: Toll vielleicht auch der Hinweis von dem einen Schüler, dass man das ja auch komplett resetten kann, also quasi beim null beginnen.

Moritz: Das heißt, du hast dann komplett, alles ist versaut, nur noch Idioten. Das fand ich auch einen ganz wertvollen Hinweis, einfach zu sagen, ich mache das einfach komplett weg. Auch dass du den TikTok Verlauf angucken kannst, finde ich auch eine wichtige Information.

Ralf: Den musst du aber auch erst mal finden.

Moritz: Ja, den findest du auch da, wo man das resetten kann, weil es mit dem resetten musste ich auch erst mal suchen. Das ist bei Profil, Einstellungen und Datenschutz, Aktivitätszentrum

Ralf: Genau

Moritz: Und wichtig finde ich, dass beispielsweise jetzt ein Kind, das dort etwas gesehen hat, was schockierend in irgendeiner Form war. Das merkt man unter Umständen erst später, so wie der eine Junge das beschriebt, dass du dann nachts nicht schlafen kannst und dass man auf die Weise vielleicht zu seinen Eltern gehen kann und sagen kann, ich hab da was gesehen, das war total schrecklich, und dann man es nicht nur erzählen muss, sondern dass man dann die Möglichkeit hat, eben über diesen Verlauf das Video wiederzufinden. Das ist unglaublich viel Arbeit, die Videos dann da rauszusuchen. Aber so können Eltern die Kinder dann vielleicht auch ein Stück weit bei der Verarbeitung von solchen Videos unterstützen, indem man sagt, wir gucken uns das nochmal zusammen an, das dann vielleicht dann einzuordnen und entsprechend zu erklären.

Ralf: Da wäre ja noch die Möglichkeit des begleiteten Modus, den man als Eltern quasi wählen kann, so dass ich den Account meines Kindes quasi mit einsehen kann.

Moritz: Genau also, das funktioniert so, dass du als Eltern auf deinem Eltern-Smartphone auch TikTok installiert, und du kannst dann quasi den Account von einem Kind mit dem auf deinem Handy mehr oder weniger koppeln und hast dann die Möglichkeit, beispielsweise auch Kontaktmöglichkeiten einzuschränken. Du kannst auch Inhalte filtern und sagen, das eine oder andere soll da nicht auftauchen, und du kannst auch tatsächlich dann mitkriegen, was das Kind guckt. Und da entdecke ich so einen gewissen Widerspruch. Weil, wenn die Zielgruppe tatsächlich Jugendliche sind, dann finde ich das unter Umständen schon einen schwierigen Eingriff auch in die Privatsphäre des Kindes, wenn ich da überall so als Eltern das auf technische Art und Weise begleiten kann, wenn man das Ganze versteht als Spielzeug für Kinder. Also, nach meiner Definition sind Kinder nicht Menschen, die 13 sind, sondern wesentlich jünger, und damit ist auch klar, dass TikTok diese Zielgruppe ganz klar ja im Visier hat, wenn man so will, dann ist das irgendwie ja, weiß ich nicht. Also, das ist, so, finde ich, so, das große Problem, das wird genutzt von Kindern, und der Anbieter also ByteDance, der sagt: Naja, unter 13 Jährige dürfen es nicht nutzen, und das ist alles, kommt mir so ein bisschen halbherzig dann vor.

Ralf: Ich gehe davon aus, dass sie wissen, dass es auch viele jüngere nutzen

Moritz: Also sonst sollten sie einfach einen Schulworkshop von Smiley besuchen. Darf ich jetzt noch mehr O-Töne anmachen.

Ralf: Ja! Bitte.

O-Töne Schülerinnen und Schüler: Also, da kann man sehr schnell festhängen, sag ich jetzt mal, weil die Videos manchmal sehr spannend sein können. Diese Videos machen einem halt gute Laune, sage ich mal, die Zeit vergeht schnell, und dadurch guckt man halt auch relativ viel. Also, man vergisst manchmal schnell die Zeit, und dann sagt man okay, dann kommen noch fünf Videos, und dann mach ich, höre ich auf! Ich habe von heute Morgen also bis acht Uhr 22 Minuten TikTok.

Moritz: Interessant finde ich, wie beschrieben wird, das sind halt einfach so schöne kleine Videos, und dann guckst du noch eins und noch eins. Du nimmst dir vor, ich gucke jetzt noch fünf, und das ist der große Unterschied zu Netflix, wo man schon bei ner Serie sagen würde, oh, jetzt noch eine ganze Folge anfangen, das schaffe ich nicht mehr, aber ein TikTok Video schaffe ich noch, und noch eins und noch eins, und das ist tatsächlich, glaube ich, die ganz große Herausforderung, sich da selber irgendwie regulieren zu können und zu sagen, ich muss auch noch andere Dinge tun heute, und das Handy einfach irgendwann weglegen kann.

Ralf: Das ist ja das, was wir auch sehr ausführlich in den Schulklassen diskutieren.

Moritz: Und auch hier im Podcast an verschiedenen Punkten angesprochen haben, das war der Punkt Ablenkung bei der letzten Folge zum Thema Handy-Bettchen oder Notwendigkeit eines ritualisierten Ablegens des Handys in einem Handy-Bettchen. Übrigens können auch im begleiteten Modus die Eltern da Nutzungszeiten beschränken, irgendwie auf eine Stunde oder so. Das ist auch über diesen Eltern -Modus tatsächlich möglich, wenn du das nicht über die Bildschirmzeit beim iPhone oder über Family Link bei Android-Gerät vornehmen möchtest, also TikTok selber bietet das auch an.

Ralf: Kann ich auch selber einstellen.

Moritz: Und das ist das, was ich halt schön finde in den Schulworkshops immer das, dann so verschiedene kleine Strategien, wie zum Beispiel zu sagen, ich habe die Push-Nachrichten von TikTok abgestellt. Damit ich nicht auf dem Bildschirm immer sehe, wenn ich das Handy da in Hand nehme, so, oh schon wieder voll die spannenden Videos von irgendwelchen Influencerinnen und Influencern!

Ralf: Ich hab’s nicht nur auf der Startseite oder nur auf meinem Tablet, oder sowas, hört man ja auch häufig.
Moritz: Ja, und, oder auch das gesagt wird, wenn ich eine Arbeit schreibe, dann lösche ich TikTok von meinem Handy und installiere es erst danach wieder. Das sind so Punkte, wo ich manchmal das Gefühl habe, dass so ein alles oder nichts manchen Kindern hilft.
Ralf: Zumindest vorübergehend, um wieder so einen Einstieg zu finden.

Moritz: Und das ist also die ganz große Herausforderung da. Letztendlich können wir auch wieder auf verschiedene Folgen, zum Beispiel auf die letzte, verweisen, ist so ein Medienangebot von TikTok so in den Alltag zu integrieren, dass es einen nicht permanent, weil es so spannend ist, an anderen wichtigen Dingen hindert, setzt zum einen meiner Meinung nach Rituale voraus und zum anderen aber natürlich auch die Einsicht, dass Hausaufgaben vielleicht auch wichtig sind, und wenn ein Kind sagt, meine Hausaufgaben sind mir egal, dann ist TikTok alleine deshalb schon viel attraktiver als Hausaufgaben machen.

Ralf: Und was ich in den letzten Workshops auch immer wieder festgestellt habe, dass Kinder, die, ich sag mal, auch andere Hobbys haben, außer TikTok in Anführungszeichen, ne andere Motivation haben, auch auszuschalten, also wer zum Training will, wer n Pferd hat zu versorgen.

Moritz: Es kann eben auch sein, wenn du jetzt irgendwelche Hobbys und Leidenschaften hast, dass du genau da Leuten folgst, die dieses Hobby und die Leidenschaft auch haben, sodass also TikTok auch ein Grund sein kann zu sagen, jetzt habe ich hier gerade gesehen, wie toll man sein Zimmer einrichten kann und genau das werde ich jetzt auch machen. Oder ich werde jetzt in den Baumarkt mit meinen Eltern fahren und mir irgendwelche Farbe holen, um die Wand entsprechend zu gestalten, wie das, was diese Künstlerin oder Künstler gerade gemacht hat. Und von daher ist TikTok nicht nur ein Zeitfresser, sondern kann auch tatsächlich sehr inspirierend sein, wenn es Dinge gibt, für die man sich interessiert, wo man dann inspiriert werden kann. Also das ist eine Seite, die oft zu kurz kommt, wenn TikTok so ganz alleine einfach nur so als Zeitfresser dargestellt wird.

Ralf: Es kann unglaublich inspirierend sein. Das hören wir in den Schulklassen auch.

Moritz: Ja, und das macht es eben nicht so einfach. Also wenn man sagen könnte, das ist einfach nur eine total nervige, schwachsinnige App mit ganz viel Jugendgefährdung oder so, dann könnte man sagen, die thematisieren wir jetzt nicht mehr in Schulworkshops, sondern raten davon ab. Und das ist es tatsächlich eben nicht, sondern es ist ein im Prinzip eine sehr zeitgemäße Unterhaltungsplattform, die wahrscheinlich auch Trends gesetzt hat, also beispielsweise die Instagram-Reels. Die hätte es so in der Form wahrscheinlich auch nie gegeben, wenn TikTok diesen Markt vielleicht auch gar nicht erst eröffnet hätte. Und von daher glaube ich tatsächlich, dass diese Vielschichtigkeit der App, also von Informationsplattform bis hin natürlich zu Desinformationsplattform mit irgendwelchen Falschmeldungen, es kann unter Umständen dazu führen, dass ich mich komplett in der Zeit verliere und den ganzen Nachmittag nichts anderes mache als TikTok- Videos gucken. Kann aber auch dazu führen, dass ich sage, coole Idee, was ich gerade gesehen habe. Das muss ich jetzt unbedingt auch hier in meinem Zimmer umsetzen, und das heißt, es kommt an vielen Punkten viel mehr auf die Interessen oder die Motivation der Person an, die TikTok benutzt, als auf das eigentliche Angebot von TikTok. Und das, finde ich, ist halt etwas, was man in der Beurteilung von TikTok immer berücksichtigen muss. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, sondern das kann durchaus auch ein gewinnbringender, toller, tolle Ergänzung sein zu anderen Social Media-Tools, die Kinder ja auch nutzen.

Ralf: Es muss Eltern nicht gefallen, aber ich glaube, Eltern dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass sie das verteufeln, sag ich mal, weil der Weg dann zu den Eltern zu gehen ja unter Umständen auch sehr schwer fällt.

Moritz: Das übliche Dilemma, was wir auch in unserem Podcast schon öfter beschrieben haben. Bei den Recherchen, finde ich schon auch problematisch. Das Unternehmen als solches fand ich allerdings auch vor einigen Jahren bei meinetwegen beim Meta-Konzern und auch heute sehe ich viele Sachen sehr kritisch, die der Meta-Konzern macht als Anbieter von Instagram. Aber zumindest ist es in vielem ein Punkt, wo man doch sagt, eigentlich wäre es doch cooler, wenn es TikTok nicht gäbe. So ungefähr. Das ist natürlich aber auch etwas, was man bei Verbrennungsmotoren sagen kann. Es wäre viel schöner, wenn es keine Verbrennungsmotoren gäbe, und trotzdem werde ich morgen früh wieder mit einem Verbrennungsmotor zu einer Veranstaltung fahren, wo ich nicht mit dem Zug hin kann. Also, das ist ganz normal, dass Dinge gut und schlecht gleichzeitig sind, und ich denke, wenn es gelingt, als Eltern diese Haltung zu verkörpern, zu sagen, na klar, das ist wie alles Mögliche andere auch positiv und negativ zugleich, und die positiven Dinge sind das, was das Kind interessiert. Die negativen Dinge sieht das Kind vielleicht noch nicht, also weil es sich vielleicht mit 13 einfach noch keine Gedanken gemacht hat, was generell mit der Verwertung von Daten in China passiert und so weiter und so weiter. Und da bin ich dann als Eltern gefragt, vielleicht gar nicht so sehr diese technische Begleitung zu übernehmen, die TikTok vorschlägt, sondern wirklich eher ansprechbar zu sein, zu trösten, wenn Dinge schiefgehen, zu beraten, wenn Dinge schiefgehen, und wirklich aber auch, was du sagst, ansprechbar sein, dass Kinder nicht denken, so: Ich darf auf keinen Fall zu meinen Eltern gehen und das Vorurteil bedienen, dass TikTok schlecht ist, weil dann bleiben die eher für sich.

Ralf: Interesse zeigen.

Moritz: Ja, Interesse zeigen kann auch dazu führen festzustellen, dass da auch gute Sachen dabei sind. Das heißt zu sagen, zeig mir bitte mal, was du dir da anguckst, weil ich die App nicht kenne, und um dann vielleicht auch festzustellen, Mensch sind ja auch richtig gute Ideen, dies oder das, und das ist auch schön, dass du dir das Video anguckst, auf die Weise auch Verhalten aufzuwerten. Also weil in dem Moment, wo man so tut, als wäre alles schlecht, dann ist auch nicht interessant, wenn was richtig schlecht ist, und das, glaube ich, ist so die diese wirklich wichtige begleitende Funktionen, die Eltern da haben müssen, und bei Ritualen und all diesen Dingen ein Stück weit zu helfen, das, was wir in der letzten Folge auch angesprochen haben. Von daher muss man das vielleicht auch in Kombination mit der letzten Folge betrachten, das, was wir jetzt hier im Resümee zusammenfassen.

Ralf: Das kostet Zeit, aber ist letztendlich auch gut investierte Zeit.

Moritz: Erziehung kostet immer Zeit. Was soll man machen? Aber das weiß man ja nicht, wenn man Kinder kriegt. Das weiß man erst, wenn sie hat.

Ralf: Ja, okay, so viel zu, was ist eigentlich TikTok?

Moritz: Haben wir ein bisschen nachgereicht, hätte man vielleicht schon vor zwei Jahren machen müssen die Folge, aber haben wir jetzt gemacht.

Ralf: Gibt es sonst noch was?

Moritz: Kennst du den Begriff ecosieren?

Ralf: Ecosieren, ne?

Moritz: Hat der Sohn von einer lieben Freundin von mir zumindest gesagt. Ich weiß nicht, ob er sich dann ausgedacht hat. Und zwar sagt man ja manchmal, ich hab was gegoogelt, obwohl man es gar nicht gegoogelt hat, sondern mit einer anderen Suchmaschine...

Ralf: Sehr schön, jetzt kann ich ihn einordnen.

Moritz: Der benutzt Ecosia, und wenn du mit Ecosia etwas googelst, dann ist das nicht die richtige Formulierung, wobei im Endeffekt doch. Aber auf den ersten Blick müsste man sagen, ich habe das ecosiert. Für alle Zuhörerinnen und Zuhörer, das ist im Prinzip eine Suchmaschine, die eigentlich gar keine echte Suchmaschine ist. Die Treffer werden geliefert von Bing, also der Microsoft Suchmaschine und Google, und das Interessante daran ist, dass die gesponsorten Links, für die die Sponsoren Geld zahlen, wird ein Teil davon dann quasi von Google und Bing an Ecosia übermittelt, und die investieren die Überschüsse, die sie erwirtschaften, also nachdem sie ihr ganzes Personal bezahlt haben, in ökologische Projekte, und die haben tatsächlich am ersten Februar, also jetzt vor ein paar Tagen, haben sie den 200 Millionsten Baum gepflanzt. Das heißt, du pflanzt oder unterstützt das Pflanzen von Bäumen mit dem Benutzen dieser Suchmaschine, und du hast oben in der Ecke, das finde ich so ganz niedlich, steht aber, wie viele Bäume du schon gepflanzt hast, das heißt, wenn du viel googelst, nein, wenn du viel ecosierst pflanzt du viele Bäume.

Ralf: Sonst haben wir nix, oder?

Moritz: Ich nicht?

Ralf: Dann würde ich sagen, machen wir Feierabend für heute. Wir freuen uns wie immer über Rückmeldungen an podcast@smiley-ev.de und sagen auf Wiederhören, bis zum nächsten Mal!

Moritz: Tschüss!


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